Das neue Symani®-System unterstützt die Mikrochirurgen der drei Kliniken an der Uniklinik RWTH Aachen bei besonders komplizierten Operationen wie der Wiederherstellung von Weichteildefekten nach einem Unfall oder einem Tumor. Die Rekonstruktion erfolgt durch die Transplantation einer körpereigenen Gewebeeinheit, eines sogenannten Lappens, von anderer Körperstelle und mit einem eigenen versorgenden Gefäßstiel, wobei die Gewebeeinheit an der Defektstelle unter Mikroskopvergrößerung neu an das Blutgefäßsystem angeschlossen wird. Bislang kamen bei diesen Eingriffen konventionelle OP-Mikroskope und Mikroinstrumente zum Einsatz, im Bereich anderer, nicht mikrochirurgischer Fächer das da-Vinci-Operationssystem. „Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine dezidierte mikrochirurgische Robotik; diese liefert uns nur der Symani®-Roboter“, betont Univ.-Prof. Dr. med. Justus P. Beier, Direktor der Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie, der sich gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen im Rahmen von über 20 Systemdemonstrationen und Praxistests einen umfassenden Eindruck von dem innovativen System verschaffen konnte. Mittlerweile haben die Teams der beteiligten Kliniken 30 freie Lappenoperationen erfolgreich durchgeführt.
Funktionsweise des Symani®
Bei den Operationen dient das Symani®-System nicht als autonom agierender Roboter, sondern unterstützt die Tätigkeit des Chirurgen. Es überträgt dessen Handbewegungen mit einer Skalierung von bis zu 1:20 auf das extrem kleine chirurgische OP-Besteck, das heißt die Bewegung des Operateurs wird 20-fach verkleinert übertragen. „Dadurch sind selbst kleinste, super-mikrochirurgische Öffnungen, die kleiner als ein Millimeter sind, sicher beherrschbar“, versichert Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Frank Hölzle, Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.
Die Verbindung des Operationsroboters mit einem 3D-Exoskop, das das Operationsfeld über eine hochauflösende 3D-Digitalkamera auf zwei große 4K-UHD 3D-Monitoren darstellt, eröffnet den Chirurgen zudem völlig neue Optionen. „Es ist im Vergleich zu einem herkömmlichen, rein optischen Mikroskop deutlich kompakter, erlaubt so die uneingeschränkte Arbeit der Roboterarme in dem winzigen OP-Feld und liefert allen Mitwirkenden im Operationssaal dank der 3D-Brillen die gleiche hochauflösende dreidimensionale Ansicht des Gefäßanschlusses auf den 3D-Saalmonitoren“, erklärt Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Hackenberg, Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Kopf- und Hals-Chirurgie.
System bietet auch gesundheitliche Vorteile für Chirurgen
Ein entscheidender Vorteil des Symani® ist die vollständige Ausschaltung des Tremors, ein normales, leichtes Muskelzittern des Operateurs – das macht die Eingriffe für die Patientinnen und Patienten noch schonender und sicherer. Darüber hinaus ist die Körperhaltung aufgrund der präzisen Übertragung der Bewegungen und die ergonomische Anordnung der Instrumente im OP-Feld, während der Operateur an anderer Stelle im Saal in einem speziellen ergonomischen Stuhl sitzt, deutlich verbessert. Das beugt einer Belastung der Halswirbelsäule bei langen Operationszeiten, wie sie häufig bei mikrochirurgischen Eingriffen vorkommen, vor. „Das neue System trägt demnach den Aspekten Patientenwohl sowie Wohlbefinden der Ärztinnen und Ärzte Rechnung“, sagt Prof. Hackenberg.
Hohe Bedeutung für den Gesundheits- und Technikstandort Aachen
Mit der Einführung des Symani® Surgical Systems hebt die Uniklinik RWTH Aachen die Mikrochirurgie auf ein neues Niveau, wie Prof. Hölzle bekräftigt: „Mit dem Symani® Surgical System wollen wir Vorreiter der nächsten Generation von Mikro-Robotor-OPs und mikrochirurgischer Ausbildung sein. Dass wir dies als Kooperationsprojekt mit drei hochspezialisierten Kliniken tun, macht uns in der rekonstruktiven Mikrochirurgie vermutlich weltweit einzigartig.“
Prof. Beier ergänzt: „Dank des Symani® können wir unser Indikationsspektrum erweitern und damit mehr Lösungen anbieten als andere Standorte, künftig beispielsweise bei den besonders anspruchsvollen interfaszikulären Nervenrekonstruktionen oder winzigen Nerventransfers zu anderen Muskeln sowie vor allem bei der Mikrochirurgie der Lymphgefäße bei bestimmten Lymphödempatientinnen. Das gewährleistet eine optimale Patientenversorgung. Außerdem fügt sich unser Vorhaben perfekt in die Kompetenzfelder der Uniklinik RWTH Aachen und der RWTH Aachen University ein und stärkt damit auch den Technikstandort Aachen.“