Die Windungen des menschlichen Gehirns haben seit jeher Forscher zu Spekulationen über deren Ursache und funktionelle Bedeutung angeregt.

Die Windungen des menschlichen Gehirns haben seit jeher Forscher zu Spekulationen über deren Ursache und funktionelle Bedeutung angeregt. Die Hirnwindungen (Gyri) und die Gräben zwischen diesen Windungen (Sulci) kommen jedoch keineswegs nur beim Menschen vor, sondern finden sich bei vielen, aber nicht allen Säugetieren. Um zu verstehen warum Windungen auftreten, wurde von dem JARA-Seniorprofessor Karl Zilles und seinen Kolleginnen, Frau Prof. Katrin Amunts und Dr. Nicola Palomero-Gallagher nicht nur eine umfangreiche Auswahl von erwachsenen Gehirnen zahlreicher verschiedener Arten untersucht, sondern auch die Entwicklung der Hirnwindungen während der Embryonal und Fetalzeit anhand der zahlreichen in der Literatur verstreuten Berichte analysiert. Der Windungsreichtum nimmt bei Säugetieren mit der Hirngröße zu, aber die Intensität der Zunahme in Abhängigkeit von der Hirngröße ist sehr unterschiedlich, wenn man nicht alle Säugetiere einschließlich des Menschen gemeinsam betrachtet, sondern nach zoologischen Ordnungen und Familien trennt. Diese Beobachtung lässt sich durch genetische Analysen erklären, die zeigen, dass Hirngröße und Windungsreichtum unabhängig voneinander gesteuert werden. Zudem zeigen jüngste Daten zur Entwicklung der Zellvermehrung in der Hirnrinde und der mechanischen Eigenschaften der verbindenden Faserbahnen, dass beide Mechanismen ursächlich den Grad des Windungsreichtums bestimmen. Die Zunahme der Verschaltungsmöglichkeiten durch mehr Zellen und mehr verbindende Faserbahnen stellen einen erheblichen funktionellen Vorteil in der Evolution des Gehirns dar. Diese Zunahme führt aber zwangsläufig zu einer solchen Vergrößerung der Hirnoberfläche, dass ohne Faltung in Gyri und Sulci ein ballonartiges Aufblasen des Gehirns und damit auch des Kopfes während der Fetalzeit stattfinden würde. Dadurch könnte auch nicht mehr eine Passage des Kopfes durch den Beckenring der Frau bei der Geburt stattfinden. Die „Erfindung“ der Hirnwindungen ermöglichen jedoch eine möglichst große Hirnrindenoberfläche in einem möglichst kleinen Hirnvolumen unterzubringen. 

Zur Publikation

Zilles K, Palomero-Gallagher N, Amunts K.
Development of cortical folding during evolution and ontogeny.
Trends Neurosci 2013; doi:pii: S0166-2236(13)00018-0.10.1016/j.tins.2013.01.006.
Impact Faktor 14.235

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