Paper in „Science Advances“ erschienen: Mithilfe Künstlicher Intelligenz die Grenze der gemeinsamen Nutzung medizinischer Bilder durchbrechen

Künstliche Intelligenz (KI) hat das Potenzial, die Medizin grundlegend zu verändern. Gerade in der Radiologie sollen künstliche Methoden all ihre Stärken ausspielen. Das mag verheißungsvoll klingen: automatisierte Bildanalysen und Diagnosen in Sekundenschnelle. Demgegenüber stehen jedoch fehlende medizinische Daten sowie datenschutzbedingte Einschränkungen im Datenaustausch. Um diese Hindernisse zu überwinden, haben Wissenschaftler aus dem Forschungsbereich „Physics of Molecular Imaging Systems“ am Institut für Experimentelle Molekulare Bildgebung und der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologe an der Uniklinik RWTH Aachen gemeinsam einen neuen Ansatz entwickelt, der die Grenzen der gemeinsamen Nutzung medizinischer Daten durchbricht. Die Studienergebnisse wurden nun im renommierten Fachjournal „Science Advances“ veröffentlicht.

Es ist nicht zu leugnen, dass Künstliche Intelligenz in der bildgebenden Diagnostik – einschließlich der Pathologie – ihren Platz einnehmen wird. In den letzten Jahren hat KI die Radiologie mehr als jede andere Disziplin im Gesundheitswesen beeinflusst. Ihr Potenzial liegt dabei nicht nur in der Erschließung und Aufbereitung von Daten, sondern auch in der Integration und Bereitstellung von klinischen Daten sowie der Interaktion mit klinischen Kollegen, um medizinische (Bild-)Daten in automatisierter Weise für konkrete Problemlösungen zu nutzen.

Der Erfolg von KI-Methoden beruht in großem Ausmaß auf Algorithmen des maschinellen Lernens. Damit diese Algorithmen funktionieren, müssen sie mit qualitativ hochwertigen, radiologischen Daten trainiert werden – und die sind schwer zu bekommen. Herausforderungen wie der Datenschutz und unzureichende Datenmengen/-banken bremsen die Entwicklungen.

Bilddaten künstlich herstellen

„Um diese substantielle Beschränkung zu überwinden, haben wir einen neuen Ansatz entwickelt, bei dem wir sogenannte ‚Generative Adversial Networks‘ ,abgekürzt GAN, verwenden“, so Univ.-Prof. Dr.-Ing. Volkmar Schulz und Dr. med. Daniel Truhn, die die jeweiligen Arbeitsgruppen leiten. „Mittels solcher generativen Modelle ist es uns gelungen, hochauflösende Röntgenaufnahmen künstlich herzustellen, die keinerlei persönlichen Identifikationsinformationen enthalten.“ Die entwickelten synthetischen Röntgenaufnahmen sind Aufnahmen von Menschen, die real zwar nicht existieren, aber dennoch kaum von Original-Aufnahmen zu unterscheiden sind.

Die Erzeugung eines anonymen und potenziell unendlichen Bilddatensatzes auf der Grundlage einer begrenzten Datenbank von Röntgenbildern stellt eine vielversprechende Lösung dar. „So ist es auch Krankenhäusern mit wenigen Datensätzen möglich, die generativen Modelle zu trainieren und so zur Generierung globaler GANs beizutragen“, erklärt Tianyu Han, Erstautor der Studie und Doktorand in der Forschungsgruppe von Prof. Schulz.

Nicht nur in der Krankenversorgung einsetzbar

Im Rahmen des Maschinellen Lernens arbeiteten die Forschungsgruppen mit sogenannten „künstlichen neuronalen Netzen“. Diese Netze sind Algorithmen, die dem menschlichen Gehirn nachempfunden sind. Bestehend aus Knotenpunkten, auch Neuronen genannt, stellen sie einen Zweig der Künstlichen Intelligenz dar. Mit einem abstrahierten Modell von verbundenen künstlichen Neuronen lassen sich diverse Problemstellungen und komplexe Aufgaben lösen, die für uns Menschen fast unmöglich wären. Die neuronalen Netze sind insbesondere für die Bearbeitung von Bildern konzipiert. „Wir können unter anderem Kategorisierungen oder Klassifizierungen vornehmen und den Grad der Pathologien in den synthetischen Röntgenaufnahmen vorgeben – von vollkommen gesund bis sehr krank“, erklärt Dr. Truhn. „Unsere Arbeit stellt somit nicht nur im Bereich der Krankenversorgung, sondern auch für die medizinische Ausbildung eine interessante und erfolgversprechende Methode dar“, ergänzt Prof. Schulz.

Weitere Verbesserungen nötig

„Unser Konzept schlägt vor, wie medizinische Bilder oder Daten in naher Zukunft gemeinsam, standortunabhängig genutzt werden können, und wie ein Paradigmenwechsel den Weg zu globalen Datenbanken für medizinische Bilder ebnen kann“, erklären die beiden Wissenschaftler. Dennoch sind weitere Verbesserungen notwendig. „In weiteren Arbeiten werden wir unsere bisher gewonnenen Ergebnisse optimieren und auf andere Bildgebungsmodalitäten wie Magnetresonanztomografie, Sonografie und Positronen-Emissions-Tomografie sowie auf hochdimensionale Datensätze – 3D, 4D (3D + Zeitverlauf) – übertragen und mit nichtbildgebenden Daten, beispielsweise EKG-Daten, erweitern“, blickt Prof. Schulz in die Zukunft.

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