Neue Studie zeigt: Colitis ulcerosa lindert cholestatische Lebererkrankung durch Unterdrückung der Gallensäuresynthese

Ein Forschungsteam um Univ.-Prof. Dr. med. Christian Trautwein, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, immunologische Erkrankungen und internistische Intensivmedizin (Medizinische Klinik III), sowie Junior-Professor Dr. med. Dr. rer. nat. Kai Markus Schneider, Arbeitsgruppenleiter und Assistenzarzt in der gleichen Klinik, beide Uniklinik RWTH Aachen, hat gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund eine Studie im renommierten Fachjournal Nature Communications veröffentlicht. Die Studie liefert neue Erkenntnisse zum Einfluss der chronischen Darmerkrankung Colitis ulcerosa auf den Gallensäurestoffwechsel und die chronische Leberkrankung PSC.

Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine chronische cholestatische (Cholestase = „Stillstand der Galle“) Lebererkrankung, die durch eine chronische Entzündung und eine fortschreitende Vernarbung der Gallenwege gekennzeichnet ist. Bis zu 80 Prozent der PSC-Patientinnen und -Patienten leiden gleichzeitig an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung – insbesondere Colitis ulcerosa. Es wird angenommen, dass sie die Entwicklung und das Fortschreiten der PSC fördert. Da es keine wirksamen medikamentösen Therapien gibt, die den natürlichen Verlauf der PSC verändern, kommt es in vielen Fällen zu einer Leberzirrhose – dann bleibt die Lebertransplantation als letzte Therapieoption. „Das häufige Zusammentreffen von PSC und CED deutet auf eine faszinierende Wechselwirkung zwischen Darm und Leber hin. Der Übergang von bakteriellen Antigenen aus dem Darm über die Pfortader in die Leber kann eine Immunantwort auslösen. Ob eine solche bakterielle Translokation oder ganz allgemein das Wechselspiel zwischen Darm und Leber in der Krankheitsentstehung und beim Fortschreiten der PSC eine Rolle spielt, ist eine wichtige, aber bisher ungeklärte Frage“, erklärt Prof. Trautwein.

Mausmodell zeigt: Schutzkreislauf unterdrückt PSC  

Um den Einfluss der Colitis auf den Gallensäurestoffwechsel und die cholestatische Leberschädigung zu untersuchen, hat das Forschungsteam in der vorliegenden Studie ein Mausmodell verwendet. Das Modell basiert auf einer Verabreichung von im Trinkwasser gelösten Dextransulfat (DSS) und ermöglicht die Induktion einer Colitis, deren klinisches und histologisches Bild nahezu identisch mit den Eigenschaften der menschlichen Form der Erkrankung ist. Die Ergebnisse zeigen, dass eine lokale, zum Darm gehörende Entzündung, die durch DSS ausgelöst wird, große Veränderungen in den zur Leber gehörenden Signalwegen herbeiführt. So konnten die Autoren eine Hochregulierung der Entzündungswege und überraschenderweise eine Unterdrückung der Gallensäuresynthese und des Gallensäuretransports feststellen. Damit identifiziert die Studie einen molekularen Regelkreis, durch den die Entzündung im Darm den Gallestau reduziert und damit das Fortschreiten der Erkrankung unterdrückt.

Klinische Forschung zu Multiorgan-Behandlungsstrategien sinnvoll

Prof. Schneider führt aus: „Unsere Ergebnisse bieten eine völlig neue Perspektive auf die langjährige CED-PSC-Assoziation und liefern eine starke Motivation für die klinische Forschung zu Multiorgan-Behandlungsstrategien für PSC. Außerdem könnten unsere aktuellen Daten eine Erklärung dafür sein, warum so viele PSC-Behandlungen gescheitert sind: Entzündungshemmende Behandlungen können die Unterbrechung der Gallensäuresynthese auflösen und somit die cholestatische Leberschädigung verschlimmern. Wenn dieses Konzept bei der humanen PSC bestätigt werden kann, sollten zukünftige Behandlungen entzündungshemmende Wirkstoffe mit Medikamenten kombinieren, die die Gallensäuresynthese unterdrücken. Für genaue klinische Empfehlungen ist es jetzt aber natürlich noch zu früh. Wir werden intensiv weiterarbeiten und hoffen, mit unserer Forschung in der Medizinischen Klinik III zu neuen Therapien dieser belastenden Erkrankung beizutragen.“

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