Millionen-Unterstützung: Wie können Belastungen von Versuchstieren erkannt und minimiert werden?

DFG fördert neue Forschergruppe zu Tierversuchen

Gute Nachricht für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uniklinik RWTH Aachen: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt den neuen Forschungsverbund „Belastungseinschätzung in der tierexperimentellen Forschung" („Severity assessment in animal based research") mit rund sechs Millionen Euro für die nächsten drei Jahre. Dem Verbund gehören acht wissenschaftliche Einrichtungen in Deutschland und in der Schweiz an. Sie wollen in 15 Projekten Belastungen von Tieren in Tierversuchen erkennen und Belastungsgrade wissenschaftlich fundiert und möglichst fein und genau abstufen – mit dem Ziel, Belastungen optimal zu minimieren. Sprecherhochschulen sind die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) und die Uniklinik RWTH Aachen.

„Derzeit fehlen wissenschaftlich begründete Parameter und Methoden, mit denen Belastungen wie Stress und Schmerz gemessen werden können, denen Tiere in einem Versuch ausgesetzt sind. Das beeinflusst ethische Fragen und die Qualität von Tierversuchsdaten. Das wollen wir ändern", sagt Professor André Bleich, PhD, Leiter des Instituts für Versuchstierkunde und des Zentralen Tierlaboratoriums der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und Sprecher der neuen Forschergruppe (FOR) 2591 – gemeinsam mit Prof. Dr. René Tolba, Leiter des Instituts für Versuchstierkunde sowie des Zentrallaboratoriums für Versuchstiere der Uniklinik RWTH Aachen. Von der Uniklinik RWTH Aachen sind an der Forschergruppe auch die Klinik für Anästhesiologie, die Neurochirurgische Klinik mit dem Lehr- und Forschungsgebiet Translationale Neurochirurgie und Neurobiologie sowie das Institut für Experimentelle Molekulare Bildgebung am Helmholtz-Institut für Biomedizinische Technik beteiligt. Die Uniklinik RWTH Aachen erhält zwei Millionen Euro von der Gesamtsumme.

„Wir verbessern verschiedene objektive Methoden und Techniken, erarbeiten neue und kombinieren diese, um eine Skala zur Standardisierung erstellen zu können", erläutert Professor Bleich. Die Ergebnisse, die mit den neuen Methoden erzielt werden, sollen mit den Belastungs-Schweregraden korrelierbar sein, die in der Richtlinie des Europäischen Parlaments zum Schutz für Versuchstiere definiert sind. Die Forschergruppe will die Belastungseinschätzungen außer Wissenschaftlern auch Behörden und Gutachtern zur Verfügung stellen. Um festzustellen, wie es Tieren während eines Versuchs geht, gibt es beispielsweise die Möglichkeit, mit Infrarot-Kameras Aktivität und Körpertemperatur der Tiere zu überwachen. Außerdem können Herzschlagrate und deren Intervalle per Telemetrie festgestellt werden. Auch die moderne Bildgebung hilft – etwa, um Veränderungen im Gehirn festzustellen. Viele Ideen für die Beurteilung von Belastungen stammen aus der Verhaltens-, Schmerz-, Stress- und Depressionsforschung. Die Forscher wollen auch Strategien untersuchen, die Tiere für den Umgang mit Stress haben.

Die Wissenschaftler wenden mit ihrem Vorhaben das „3R-Prinzip" zur Durchführung von Tierversuchen an. Es steht für „Replace" (Vermeiden von Tierversuchen durch das Finden alternativer Methoden), „Reduce" (Verringern der Zahl benötigter Tiere) und „Refine" (Verminderung der Belastung). „Dieses Prinzip ist für uns von wesentlicher Bedeutung – nicht nur bezüglich seiner ethischen Rechtfertigung, sondern auch, um belastbare Daten durch Standardisierung zu generieren. Denn ein zentraler Aspekt dieses Prinzips ist die Einschätzung von Schmerzen, Leiden und Schäden von Versuchstieren während eines Experiments", sagt Prof. Bleich.

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