Geschichte der Augenklinik
Die erste Augenklinik in Aachen war die Augenheilanstalt, die Dr. Vitus Metz 1830 gründete. Inwieweit dieser offenbar sehr begabte Arzt neben seiner Tätigkeit als Wundarzt und Geburtshelfer wirklich Augenheilkunde ausgeübt hat, ist nicht überliefert, zumal zu dieser Zeit - 20 Jahre vor A. v. Graefe - die Augenheilkunde sich noch in frühen Anfängen befand. Die Provinzialaugenheilanstalt für den Regierungsbezirk Aachen wurde durch den "Verein für die Förderung der Arbeitsamkeit" 1879 im Sandkaulsteinweg Nr. 3 mit 26 Betten eröffnet.
Ihr erster Leiter war der Augenarzt Dr. med. Louis Alexander. Unter seiner Führung wurde 1887 bis 1888 für die Provinzialaugenheilanstalt ein neues Gebäude in der Stephanstraße Nr. 20 errichtet. Die neue Augenklinik wurde nach den damals modernsten Gesichtspunkten errichtet: Die Krankenzimmer waren nach Norden orientiert, um den augenkranken Patienten die Blendung durch helles Sonnenlicht zu ersparen. Es wurden Tagesräume für Männer, Frauen und Kinder eingerichtet und zum Garten eine große Terrasse gebaut. Die Untersuchungs- und Behandlungsräume sowie die Verwaltung lagen im Erdgeschoss, die Operationsräume ganz oben im Haus. Wie fast 100 Jahre später die Universitätsaugenklinik im neuen Aachener Klinikum verfügte die Augenklinik in der Stephanstraße über 66 Betten. Dr. Alexander starb 1897.
Nach einem Interregnum übernahm Dr. med. Hermann Vüllers 1898 die Leitung der Klinik. Er führte die Augenklinik in der Stephanstraße bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1935.
Im Jahre 1924 wurde die Provinzialaugenheilanstalt von der Stadt Aachen übernommen. Sie diente im 1. Weltkrieg als Lazarett. Nach dem Krieg ging die Zahl der zivilen Patienten zurück, was wohl auch daran lag, dass sich die Augenabteilungen im Luisen- und im Marienhospital inzwischen sehr gut entwickelt hatten.
1935 wurde die Augenklinik von der Stephanstraße in das städtische Elisabeth-Krankenhaus an der Goethestraße verlegt und mit 20 Betten in das große Haus integriert. Dr. Peter Geller leitete von 1935 die Augenabteilung, bis er 1939 in den Kriegsdienst eingezogen wurde. Von 1939 bis 1946 war die städtische Augenabteilung ein Teil des Reservelazaretts. Die Leitung übernahm nun der 11 Jahre ältere Aachener Augenarzt Dr. med. Adolf Thier bis zur Evakuierung 1944.
Die städtische Augenabteilung in der Goethestraße wurde 1946 wieder eröffnet. Die Leitung wurde nun Dr. med. Wilhelm Studte übertragen, der bis dahin im Forster Krankenhaus tätig war. Nach seiner Pensionierung wurde die Augenabteilung von 1955 bis 1973 von Professor Dr. med. Alfred Jäger weitergeführt.
Der Wissenschaftsrat hat 1961 der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) die Neugründung einer Medizinischen Fakultät in Aachen vorgeschlagen. Sie wurde 1966 eröffnet. Die Städtischen Krankenanstalten an der Goethestraße wurden damit als Klinische Anstalten der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule angegliedert.
1969 begann der Bau des neuen Klinikums am Stadtrand von Aachen mit seiner damals wie heute als umwälzend empfundenen architektonischen Gestaltung. Erst im Jahr 1982 konnten die technischen Betriebe und die theoretischen Institute in das neue Fakultätsgebäude einziehen. Das Unterrichtszentrum nahm zu gleicher Zeit seine Arbeit in den schönen neuen Räumen auf. Die Kliniken folgten 1983 und 1984. Für die Augenklinik war der 4.4.1984 der historische Tag des Umzugs.
Der Übergang von der Städtischen zur Universitätsklinik
Mit der Gründung der Medizinischen Fakultät im Jahr 1966 wurde Professor Jäger, der bis dahin Chefarzt im städtischen Klinikum war, als ordentlicher Professor und Leiter der neuen Abteilung für Augenheilkunde von der Medizinischen Fakultät der RWTH übernommen. Ihm folgte 1973 als erster berufener Ordinarius für Augenheilkunde Professor Dr. med. Martin Reim.
Beginn der universitären Augenklinik
Professor Reim überführte die eher städtisch organisierte Augenklinik in eine moderne, forschende und lehrende Universitätsinstitution. Noch in den alten Gebäuden an der Goethestraße wurden die klinischen Leistungen auf das volle Spektrum der Augenheilkunde ausgeweitet. Die Mikrochirurgie und moderne Netzhautoperationen - damals Photo- und Laserkoagulationen, Cryo- und Plombentechniken - wurden eingeführt. Ab 1977 wurden Vitrektomien durch die pars plana ausgeführt. Fundusphotographie, Ultraschalluntersuchungen, Fluorezeinangiographie und die Messungen ERG und VECP mit Blitz- und Musterreizen und ein Spiegelmikroskop für die Cornea bereicherten bald die Diagnostik. Eigenständige Laboratorien für biochemischer Analytik, biophysikalische Technologie, Histologie und Elektronenmikroskopie mit neuen interdisziplinären Ansätzen wurden eingerichtet. Einen Höhepunkt noch in den 70er Jahren bildete die technische Entwicklung und klinische Einführung der Videoangiographie mit Fluoreszein und Indozyaningrün, die für Jahrzehnte ein Schwerpunkt der technischen und klinischen Forschung blieb. Ende der 80er Jahre entstand aus dem biochemischen Laboratorium die Hornhautbank an der Universitätsaugenklinik in Aachen, die seitdem Spendermaterial für die Keratoplastik liefert. Die Forschungsarbeiten über Entzündungen der vorderen Augenabschnitte und die Sorgen mit schwerstverätzten Patienten regten Professor Reim dazu an, die Tenonplastik zu entwickeln. Daraus wurde eine neue und bahnbrechende Operation für die Behandlung schwerstverätzter Augen. Einige Jahre später konnten die Oberflächenveränderungen der Augen auch mit dem Excimer-Laser behandelt werden, welcher 1990 als erster Excimer-Laser an einer Universitätsaugenklinik (Schwindt-Keratom) aufgestellt wurde.
Weitere universitäre Entwicklung
1996 wurde Professor Reim emeritiert und Professor Dr. med. Bernd Kirchhof, Schüler von Professor Dr. med. K. Heimann in Köln, übernahm die Leitung der Universitätsaugenklinik Aachen und baute die operative Retinologie mit allen Facetten und Forschungsbereichen in der Aachener Landschaft weiter aus. Meilensteine des Wirkens von Professor Kirchhof in Aachen sind die systematische Behandlung der AMD durch Makularelokation und Irispigmentepitheltransplantation, sowie 1998 die Einführung von schweren Glaskörperendotamponaden in die klinische Anwendung. Als erste Universitätsaugenklinik in Deutschland führte die Aachener Klinik die ambulante Kataraktchirurgie ein, forciert durch den Oberarzt Professor Dr. med. Martin Wenzel, der bereits 1997 über 500 ambulante Kataraktoperationen durchführte. Im Januar 2001 nahm Professor Kirchhof den Ruf auf den Lehrstuhl seines verstorbenen Chefs an der Universitätsaugenklinik in Köln an. Am 1.11.2003 wurde Herr Professor Dr. Peter Walter aus Köln, wie Kirchhof auch Schüler von Klaus Heimann und Spezialist für Netzhauterkankungen auf den Lehrstuhl für Augenheilkunde der RWTH Aachen und als Direktor der Augenklinik am UKA berufen.
Das klinisch-theoretische Umfeld des 21. Jahrhunderts: "Hochtechnologie im Dienste des Menschen"
Herausragend an der Universitätsaugenklinik in Aachen ist die strukturelle Einbettung in den ambulanten und stationären Versorgungsbereich des Universitätsklinikums mit 42 Fachdisziplinen. Die Augenklinik kann durch die räumliche Nachbarschaft mit den anderen Kopfkliniken der Fakultät, der Kliniken für Neurologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Neurochirurgie und Zahn-Mund-Kiefer-Heilkunde und plastische Gesichtschirurgie sehr gut zusammenarbeiten. Auch die Nähe zu den anderen Fachkliniken, bis hin zu Fächern wie Arbeitsmedizin und den theoretischen Instituten führt zu erfreulichen Kooperationen.