Malignes Melanom

Das maligne Melanom ist ein bösartiger Tumor, der vom pigmentbildenden Zellsystem ausgeht und sich überwiegend an der Haut zeigt. Selten kommt das Melanom auch am Auge (Bindehaut und Aderhaut), an den Hirnhäuten und an Schleimhäuten verschiedener Lokalisation vor. Das Melanom ist zumeist stark pigmentiert, aber auch nicht pigmentierte Formen treten auf. Im Verhältnis zur Tumormasse besteht früh ein Risiko zur Metastasierung und damit eine ungünstige Prognose. Das maligne Melanom ist etwa für 90 Prozent der Todesfälle durch Hautkrebs verantwortlich.

Die Zahl der Neuerkrankungen nimmt in der weißen Bevölkerung weltweit zu, insbesondere bei stark sonnenbelasteten hellhäutigen Bevölkerungsgruppen. In Mitteleuropa beträgt die Neuerkrankungsrate zehn bis zwölf Fälle pro 100.000 Einwohner und Jahr, in Australien 50 - 60 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr. Immunologische Faktoren spielen im Fortschreiten der Erkrankung eine bedeutsame, nicht abschließend geklärte Rolle.

Klinisch und feingeweblich lassen sich verschiedene Melanomtypen voneinander unterscheiden.


Diagnostik vor der Operation und Tumorstaging

Notwendige Untersuchungen:

  • Auflichtmikroskopie zur Differentialdiagnose des Pigmenttumors
  • Klinische Untersuchung der ableitenden Lymphwege und zum Ausschluss unabhängiger Zweitmelanome oder weiterer möglicher Auffälligkeiten an der Haut
  • Lymphknotensonographie bei Melanomen mit einer Dicke von > 1mm
  • Diagnosesicherung im Rahmen einer Exzisionsbiopsie
  • Feingeweblicher Befund mit Angabe des Melanomtyps, der Tumordicke nach Breslow, dem Invasionslevel nach Clark und zur Ulzeration des Tumors
  • Biopsie des Wächterlymphknotens: Routinestaging zur Prognoseeinschätzung bei Melanomen mit einer Dicke von ≥ 1 mm. Beim Vorliegen von bestimmten Risikofaktoren sollte der Wächterlymphknoten bereits ab einer Dicke von 0,75 mm entnommen werden.
  • Laboruntersuchungen (Blutbild, Leber- und Nierenwerte, Protein S100)

Im Einzelfall nützliche Untersuchungen:

Hochauflösender Ultraschall zur Dickenabschätzung

CT, MRT, Skelettszintigraphie oder PET-Diagnostik als Alternative oder Zusatz zu den obengenannten Staginguntersuchungen


Prognose und Stadieneinteilung

Ca. 90 Prozent aller Patienten mit einem malignen Melanom kommen mit einem Primärtumor ohne erkennbare Metastasierung zur ersten Diagnose. Dann richtet sich das Risiko vor allem nach folgenden Kriterien: 1) vertikale Tumordicke nach Breslow am histologischen Präparat, 2) Vorhandensein von feingeweblich erkennbarer Ulzeration oder von Zellteilungsfiguren (Mitosen) . Das maligne Melanom kann sowohl über die Lymphwege als auch über das Blut metastasieren. Etwa 2/3 aller Erstmetastasierungen sind zunächst auf das örtliche Lymphabflussgebiet beschränkt. Eine regionäre Metastasierung kann sich zeigen durch Satelliten-Metastasen (bis 2 cm um den Primärtumor) sowie mit lokalen Rezidiven nach Entfernung des Primärtumors mit ungenügendem Sicherheitsabstand, In-transit-Metastasen (in der Haut bis zur ersten Lymphknoten-Station) und mit regionären Lymphknotenmetastasen.


Therapie

Operative Therapie:

Bei gesicherter Melanomdiagnose ist die Therapie zunächst operativ. Die Wahl des Sicherheitsabstandes der Exzision gestaltet sich variabel in Abhängigkeit vom Metastasierungsrisiko. In der Regel wird - sofern möglich - ein sog. Sicherheitsabstand zu den Rändern eingehalten. Bei Patienten mit dünnen Melanomen sind ausgedehnte Eingriffe nicht notwendig, und bei Patienten mit dicken Primärtumoren bleibt ein radikales operatives Vorgehen ebenfalls ohne Einfluss auf das Risiko der Fernmetastasierung. Allerdings ist ein zu kleiner Abstand mit dem Risiko von Lokalrezidiven (örtlichen Rückfällen) verbunden. Diesem Umstand trägt eine abgestufte Exzisionsstrategie Rechnung, die in der Tabelle zusammengefasst ist. In der Regel sind die Eingriffe in örtlicher Betäubung mit Defektversorgung möglich.

Tumordicke nach BreslowSicherheitsabstand
in situ0,5 cm*
bis 2 mm1 cm
> 2 mm2 cm

*bzw. mikrographisch kontrollierte Exzision

Eine Wächterlymphknotenbiopsie sollte ab einer Tumordicke von 1,0 mm, in Ausnahmefällen oder Vorliegen bestimmter Risikofaktoren, bereits ab 0,75 mm nach Breslow durchgeführt werden. Die Wächterlymphknotenbiopsie ist eine Untersuchung zur Bestimmung der Ausbreitung ("pathologisches Staging") und keine therapeutische Maßnahme mit nachgewiesenem Wert im Hinblick auf eine Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit. Die Wächterlymphknotenbiopsie verbessert die Rückfallfreiheit im örtlichen Lymphabstromgebiet und kann für die Entscheidung einer unterstützenden (adjuvanten) Begleitbehandlung herangezogen werden. Bei fehlendem Nachweis einer Mikrometastasierung im Wächterlymphknoten sind keine weiteren operativen Maßnahmen an der regionalen Lymphknotenstation angezeigt.


Adjuvante (unterstützende) Therapie:

Nach vollständiger operativer Entfernung von Metastasen sollte, sofern keine Kontraindikationen bestehen, eine adjuvante Therapie über 12 Monate durchgeführt werden, um das Rezidivrisiko zu reduzieren. Hierfür kann bei Vorliegen einer BRAF-Mutation im Melanom eine orale Kombinationstherapie mit einem BRAF/MEK-Inhibitor eingesetzt werden. Unabhängig vom BRAF-Mutationsstatus werden adjuvant auch Immuncheckpointinhibitoren eingesetzt. Interferon-alpha war die erste Substanz in der adjuvanten Therapie des malignen Melanoms, die zu einem Vorteil bezüglich Rezidivfreiheit für die Behandelten geführt hat. Inteferon-alpha ist aber den Immuncheckpointinhibitoren an Wirksamkeit deutlich überlegen, so dass es nur noch in Einzelfällen Anwendung findet.


Vorgehen bei lokalisierten Metastasen:

Bei multiplen Satelliten- und/oder In-transit-Metastasen bestehen verschiedene Möglichkeiten der Behandlung. Bei Vorliegen von voraussichtlich vollständig operablen Metastasen sollte die operative Entfernung der Metastasen als Therapie der ersten Wahl angestrebt werden.

Bei Satelliten- und/oder In-transit-Metastasen bestehen die Möglichkeiten der Operation, der Elektrochemotherapie, der Kryo- oder Lasertherapie, der Strahlentherapie, aber auch Unterspritzungen mit Interleukin 2 oder T-VEC (onkolytischer Herpesvirus).


Strahlentherapie:

Zur Behandlung primärer maligner Melanome ist die Strahlentherapie als Primärbehandlung nur in den Einzelfällen indiziert, bei denen ein operativer Eingriff unmöglich oder nicht sinnvoll ist. Die lokale Tumorkontrolle ist der chirurgischen unterlegen, in diesen Situationen aber befriedigend. Bei örtlichen Lymphknotenmetastasen wird bei Inoperabilität bzw. einer Operation nicht im Gesunden im Allgemeinen die Indikation zur Strahlentherapie der befallenen Regionen gestellt. Bei Knochenmetastasen kann lokale Strahlentherapie erwogen werden. Generell stellt sich die Indikation zur Bestrahlung bei Schmerzen und /oder Stabilitätsgefährdung oder Kompression des Spinalkanales. Bei einzelnen Hirnmetastasen kann eine operative Resektion bzw. stereotaktische Einzeitbestrahlung angestrebt werden.


Therapie bei Fernmetastasen:

Die Möglichkeit der Operation von Fernmetastasen kann in bestimmten Fällen erwogen werden, sowohl mit dem Ziel der Entfernung einzelner Organmetastasen als auch mit dem Ziel der Symptomkontrolle.

Bei nicht operabler Fernmetastasierung stehen verschiedene therapeutische Möglichkeiten zur Verfügung. Wurde eine BRAF-Mutation (die häufigste therapierfähige Mutation beim malignen Melanom) im Tumorgewebe nachgewiesen, kann eine Behandlung mit Signalweg-Hemmern durchgeführt werden. Die Ansprechrate auf Medikamente, die den BRAF-Signalweg hemmen liegt bei über 80 % der Patienten.  Leider finden die Krebszellen häufig neue Wege, um sich weiter schnell zu teilen, man sagt, sie werden resistent. So kommt es bei der Hälfte der Patienten bereits nach ungefähr sieben Monaten zu einem erneuten Wachstum der Metastasen. Weisen Patientinnen und Patienten die BRAF-Mutation nicht auf, sollen sie den Wirkstoff nicht erhalten, da sie ohne Aussicht auf einen Nutzen die Nebenwirkungen ertragen müssten.

Eine weitere Behandlungsmöglichkeit stellt die Immuntherapie mit monoklonalen Antikörpern, sogenannten Checkpoint-Inhibitoren, dar. Bei der Immuntherapie wird über verschiedene Wege an den Immunzellen oder am Tumorgewebe selbst eine immunologische Reaktion stimuliert. Das soll dazu führen, dass das Immunsystem die Krebszellen wieder als körperfremd erkennt, sie angreift und zerstört. Die Ansprechraten auf Immuntherapien liegen je nach Wirkstoff oder Kombination von Wirkstoffen zwischen 10 % und 50 %. Die Immuntherapie benötigt längere Zeit als die Signalwegs-Hemmer, bis die Wirksamkeit der Behandlung absehbar wird, dafür hält der Effekt der Immuntherapie länger an. Wesentliche Nebenwirkung der Immuntherapie sind autoimmune Phänomene, die prinzipiell zu Entzündungsreaktionen an jedem Organsystem im Körper führen können. Auch die „klassischen“ Chemotherapien spielen in der Behandlung des metastasierten Melanoms weiterhin eine Rolle. Sie werden bei Patienten ohne Ansprechen auf die oben beschriebenen Therapien eingesetzt. Bei einem kleinen Prozentsatz der mit Chemotherapie behandelten Patienten kann eine Lebensverlängerung durch die Therapie beobachtet werden. In Studien konnte eine Lebensverlängerung durch Chemotherapie beim malignen Melanom jedoch nicht dargestellt werden. Hierfür sind sehr wahrscheinlich die Lebens-verkürzenden, negativen Effekte einer Chemotherapie bei den nicht ansprechenden Patienten, die beim Melanom leider mehr als 80% ausmachen, verantwortlich. Die Indikation zur Chemotherapie sollte daher einer besonderen Risikoabwägung unterliegen.


Nachsorge

Der Umfang und die Frequenz der Nachsorgeuntersuchungen orientieren sich an den initialen Tumorparametern und dem Tumorstadium. Die Nachsorge ist in den ersten 5 postoperativen Jahren intensiv zu gestalten, da hier 90% der Metastasen auftreten. Spätmetastasen sind jedoch nicht ungewöhnlich, so dass generell eine Nachsorge über 10 Jahren empfohlen wird.


Empfohlenes Nachsorgeschema:

StadiumKörperliche UntersuchungLK-SonoLabor S100Bildgebung
Jahr1-34+56-101-34+56-101-34+56-101-34+56-10
IA6-mtl.12-mtl.12-mtl.---------
IB-IIB3-mtl.6-mtl.6-12 mtl.6-mtl.--3-mtl.-----
IIC-IV3-mtl.3-mtl.6-mtl.3-mtl.6-mtl.-3-mtl.6-mtl.-6-mtl.--