Unter Epilepsie versteht man eine neurologische Erkrankung mit vielfältigem Erscheinungsbild. Sie ist durch das Auftreten epileptischer Anfälle gekennzeichnet, die durch eine Funktionsstörung des Gehirns bedingt sind. „Epilepsie ist nicht gleich Epilepsie. Bereits in der ersten Phase der Erkrankung fordert die Diagnosestellung und Therapieentscheidung Experten- und Leitlinienwissen, das nicht immer allen Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht“, erklärt Prof. Dr. Yvonne Weber, Leiterin der Sektion Epileptologie der Klinik für Neurologie (Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. Jörg B. Schulz) an der Uniklinik RWTH Aachen. Das in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Tübingen entwickelte Computersystem EDITH-CDSS (EDITH = Epilepsie richtig DIagnostizieren und THerapieren; CDSS = computerized clinical decision support system) soll Ärztinnen und Ärzte bei der systematischen Erfassung und Eingruppierung epileptischer Anfälle und den Ergebnissen der durchgeführten Diagnostik unterstützen. „Das Entscheidungsunterstützungssystem hilft dabei, die richtige Diagnose zu stellen und unter Berücksichtigung weiterer persönlicher Merkmale wie Alter oder Geschlecht eine leitliniengerechte Therapie für die Patientinnen und Patienten zu finden“, fasst Priv.-Doz. Dr. med. Stefan Wolking, Oberarzt in der Sektion Epileptologie der Klinik für Neurologie an der Uniklinik RWTH Aachen, zusammen.
Wirksamkeit des Systems auf dem Prüfstand
Ob das Computersystem EDITH-CDSS die Diagnosestellung und Therapie-entscheidung von Ärztinnen und Ärzten verbessert, wird unter der Leitung von Dr. med. Dr. med. univ. Josua Kegele, Assistenzarzt der Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt Epileptologie, Hertie Institut für Klinische Hirnforschung, am Universitätsklinikum Tübingen, untersucht. „Dem Studienteam ist es besonders wichtig, alle Entscheidungen, die mithilfe von EDITH-CDSS getroffen werden, noch einmal von einem Expertengremium überprüfen zu lassen“, führt Dr. Kegele aus. Auch Dr.-Ing. Myriam Lipprandt, Stellvertretende Leiterin des Instituts für Medizinische Informatik an der Uniklinik RWTH Aachen und Entwicklungsleiterin von EDITH betont, wie wichtig die Patientensicherheit ist: „In der translationalen Forschung gelten für uns die gleichen Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit und Sicherheit von Prüfprodukten wie für kommerzielle Produkte. Uns ist es daher ein besonderes Anliegen, mit dieser Studie zu zeigen, dass es auch unter der europäischen Medizinprodukterichtlinie möglich ist, innovative Ideen und Produkte zu entwickeln, herzustellen und zu erforschen.“
Wissenschaft mit Vorbildcharakter
„Den Forscherinnen und Forschern an den Standorten Aachen und Tübingen ist eine gemeinsame Studie mit Vorbildcharakter gelungen. Sie entwickeln neue Medizinprodukte zum Wohle der Patientinnen und Patienten und zum Nutzen für den medizinischen Alltag. Wir möchten diese evidenzbasierten Technologien in die Versorgung bringen und so einen echten Mehrwert für Patientinnen und Patienten und das Gesundheitspersonal schaffen und freuen uns sehr, die Studie mit rund 510.000 Euro zu fördern“, sagt Manfred Lucha vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg.