Zum Abschluss der dreijährigen Förderphase des Innovationsfondsprojekts TELnet@NRW kamen am 20. Januar 2020 unter dem Motto „Wir gestalten die Patientenversorgung der Zukunft“ rund 250 Interessierte zum TELnet@NRW-Kongress 2020 ins Haus der Ärzteschaft nach Düsseldorf. Mit besonderer Spannung wurde die Präsentation aktueller Ergebnisse der Projektevaluation erwartet sowie die Fortsetzung der Debatte um den Transfer erfolgreich evaluierter Innovationsfondsprojekte in das GKV-Versorgungssystem. Eröffnet wurde der Kongress von Herrn Staatssekretär Dr. Edmund Heller, Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen.
Dem durch Mittel des Innovationsfonds geförderten Projekt TELnet@NRW ist es in den vergangenen drei Jahren gelungen, in den Modellregionen Aachen und Münster bzw. Münsterland ein großes und erfolgreich funktionierendes, sektorenübergreifendes telemedizinisches Netzwerk in der Intensivmedizin und Infektiologie aufzubauen. Mit über 150.000 eingeschlossenen und über 10.000 telemedizinisch betreuten Patientinnen und Patienten hat das Projekt die Erwartungen der Verantwortlichen weit übertroffen.
Zu diesem Erfolg gratulierte auch Staatssekretär Dr. Edmund Heller vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen in seiner Eröffnungsrede. Das Land Nordrhein-Westfalen bereitet gerade weitere innovative Versorgungsansätze vor. Mit dem Virtuellen Krankenhaus möchte die Landesregierung hochspezialisiertes Expertenwissen in die Fläche bringen. Ziel ist der Aufbau eines engmaschigen, telemedizinischen Netzwerks, mit dem zukunftsweisende Versorgungsstrukturen geschaffen werden können. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Expertise der im Land verteilten medizinischen Spitzenzentren über telemedizinische Netzwerke für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen gleichermaßen verfügbar ist. „Heute endet die dreijährige Förderphase von „TELnet@NRW“ – aber wir als Landesregierung wollen zukünftig nicht weniger als ein landesweites, engmaschiges digital gestütztes Versorgungsnetzwerk aufbauen“, so Heller. „Statt zahlreicher befristeter Einzelprojekte soll nun eine flächendeckende, strukturierte telemedizinische Versorgungslandschaft gefördert und aufgebaut werden. Für diese Entwicklung ist das TELnet@NRW-Projekt ein wichtiger Meilenstein.“
Mit besonderer Spannung wurde der Vortrag von Herrn Prof. Dr. Wolfgang Greiner, Inhaber des Lehrstuhls für Gesundheitsökonomie und -management an der Universität Bielefeld, erwartet. Die ersten, sehr guten Ergebnisse der Evaluation von TELnet@NRW zeigen, dass die Zusammenarbeit in einem sektorenübergreifenden telemedizinischen Netzwerk einen spürbaren Mehrwert bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten in der Intensivmedizin und Infektiologie bietet. „Die Ergebnisse der Analysen sind vielversprechend“, so Prof. Greiner. „Sie zeigen in verschiedenen Punkten eine deutliche Steigerung der Behandlungsqualität gemessen an den Choosing-Wisely-Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) – sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich. Ganz besonders erfreulich sind dabei die starken Verbesserungen bei der Sepsisbehandlung, die im Zweifelsfall Leben retten können.“ Der Gesundheitsökonom betonte zudem, dass die frühzeitige telemedizinische Unterstützung einen entscheidenden Einfluss auf die Behandlungsqualität hat.
TELnet@NRW-Konsortialführer Univ.-Prof. Dr. med. Gernot Marx, FRCA, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care an der Uniklinik RWTH Aachen, zeigte sich begeistert von den vorgestellten Ergebnissen: „Für uns Ärztinnen und Ärzte im Projekt TELnet@NRW war der Mehrwert der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit während der gesamten Laufzeit deutlich spürbar. Auch die Resonanz der Patientinnen und Patienten war sehr positiv. Ich finde es großartig, dass diese subjektiven Empfindungen sich nun in objektiven Zahlen bestätigt haben. Das ist ein sehr wichtiges Signal, für alle Projektbeteiligten, aber auch für die gesamte Branche. Es ist uns gelungen, mit TELnet@NRW einen Meilenstein auf dem Weg hin zu einer flächendeckenden telemedizinischen Versorgungslandschaft zu setzen“, freute sich Marx. Auch die Zukunft der teleintensivmedizinischen und teleinfektiologischen Versorgung scheint gesichert: „Eine Übergangsfinanzierung im Anschluss an die Förderlaufzeit konnten wir mit Hilfe der Krankenkassen in Nordrhein-Westfalen bereits sicherstellen. Ich danke allen Konsortial- und Kooperationspartnern, die mit Ihrem beherzten Engagement während der letzten drei Jahre dafür gesorgt haben, dass sich TELnet@NRW so gut etablieren konnte.“
Auch Univ-Prof. Dr. med. Dr. h. c. Hugo Van Aken, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor am Universitätsklinikum Münster, wies auf die dringend notwendige Bildung telemedizinischer Netzwerkstrukturen hin: „Insbesondere bei hoch komplexen und spezialisierten Gebieten wie der Intensivmedizin wird eine flächendeckende Versorgung auf höchstem medizinischen Niveau nur durch die Vernetzung unterschiedlicher medizinischer Einrichtungen möglich sein. TELnet@NRW hat eindrucksvoll bewiesen, dass eine solche Vernetzung nicht nur möglich ist, sondern auch erhebliche Vorteile für den Patienten bietet. Damit konnte TELnet@NRW Weichen für die Medizin der Zukunft stellen.“
Barbara Steffens, Leiterin der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen der Techniker Krankenkasse, betonte, wie sich die Landschaft der GKV-Versorgung durch erfolgreiche Projekte wie TELnet@NRW nachhaltig entwickeln kann: „Der Innovationsfonds ist Startgeber für viele innovative Projekte. Doch damit ein Projekt in die Regelversorgung gehen kann, brauchen wir eine nahtlose Finanzierung bis zum Ende der Evaluation. Nur so können aufgebaute Strukturen sicher erhalten und bei positiver Evaluation übertragen werden.“
Dass das Innovationsfondsprojekt die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den beiden Universitätskliniken Aachen und Münster sowie den Partnern aus 17 Kooperationskrankenhäusern und zwei Arztnetzen und damit die infektiologische und intensivmedizinische Patientenversorgung gestärkt hat, zeigten Erfahrungsberichte aus dem ambulanten und stationären Sektor. „Wir konnten durch die Televisiten im Klinikalltag eine qualifizierte antiinfektive Therapie sicherstellen“, so Dr. med Angela Grote-Reith, Chefärztin der Medizinischen Klinik IV, Intensivmedizin, Geriatrie und ABS-Expertin am Jakobi-Krankenhaus Rheine. „Auch die Patientinnen und Patienten sind von der zusätzlichen telemedizinischen Betreuung überzeugt“, ergänzte Dr. med. Gesa Fiedler, Mitglied im Vorstand des Ärztenetzes MuM – Medizin und Mehr eG in Bünde.
Der Kongress schließt mit einer Diskussionsrunde, die auf die Frage nach Zukunftswegen zu zeitgemäßen Versorgungslösungen in Nordrhein-Westfalen fokussiert. Namhafte Referenten; wie Prof. Dr. med. Thomas H. Ittel, Vorstandsvorsitzender der Uniklinik RWTH Aachen, LMR Lars Andre Ehm, Gruppenleiter Gesundheitsversorgung, Prävention, Digitalisierung im Gesundheitswesen im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen e. V. (KGNW), Dr. Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein, und Dirk Ruiss, Leiter der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen des Verbands der Ersatzkassen (vdek) sprechen über regionale Versorgungsnetzwerke sowie über das geplante Virtuelle Krankenhaus. Ziel ist der Aufbau einer Austauschplattform für spezielle medizinische Expertise. Krankenhäuser und Arztpraxen können die am Virtuellen Krankenhaus teilnehmenden medizinischen Institutionen über ein zentrales Verzeichnis per Mausklick kontaktieren. Auf diese Weise sollen zukunftsfähige digitale Versorgungsstrukturen im Land geschaffen werden, die z. B. Videosprechstunden und den elektronischen Austausch behandlungsrelevanter Daten weiter erleichtern – insbesondere für Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen eine enorme Verbesserung der Versorgung.
TEL.net@NRW
Das durch Mittel des Innovationsfonds geförderte Projekt „TELnet@NRW“ verfolgte seit Anfang 2017 das Ziel, in den Modellregionen Aachen und Münster bzw. Münsterland ein sektorenübergreifendes telemedizinisches Netzwerk in der Intensivmedizin und Infektiologie aufzubauen. Zentrales Element ist eine gemeinsame digitale Infrastruktur, die sichere Video-Audio-Verbindungen zwischen den universitären Experten der Telemedizinzentren Aachen und Münster sowie den Partnern aus den 17 zusammengeschlossenen Kooperationskrankenhäusern und den beiden Praxisnetzwerken MuM Medizin und Mehr eG in Bünde und dem Gesundheitsnetz Köln-Süd e. V. ermöglicht, um in Televisiten und -konsilen schnell und datenschutzkonform Daten, Informationen und Dokumente auszutauschen. Konsortialpartner sind die Uniklinik RWTH Aachen, das Universitätsklinikum Münster, das Ärztenetz MuM Medizin und Mehr eG Bünde, das Gesundheitsnetz Köln-Süd e.V., die Techniker Krankenkasse, die Universität Bielefeld und das ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin. Das Projekt wurde mit Mitteln des Innovationsausschusses beim Gemeinsamen Bundesausschuss unter dem Förderkennzeichen 01NVF16010 gefördert.