Es waren bewegte Jahre. Bis zur jetzigen Klinik, die als Neubau im Juli 2018 im Rahmen eines Festakts durch den damaligen NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet eingeweiht und eröffnet worden war, gab es mehrere Umzüge und Erweiterungen, immer mit dem Augenmerk auf höchste Behandlungsqualität für die jungen Patientinnen und Patienten.
Chronik einer Erfolgsgeschichte
Vor einem Vierteljahrhundert nahm alles seinen Anfang. Als erste Lehrstuhlinhaberin und Direktorin der neuen Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters trat Prof. Herpertz-Dahlmann ihren ersten Arbeitstag an der Uniklinik RWTH Aachen an. Ihre anspruchsvolle Aufgabe: Eine neue Klinik aufbauen. Gestartet mit rund fünf Kolleginnen und Kollegen sowie 12 Betten umfasst die Klinik heute rund 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und insgesamt 60 ambulante und stationäre Therapieplätze.
Seither ist sie als Versorgungsklinik für die Stadt und Städteregion Aachen, den Kreis Düren sowie die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens ein zentraler Ansprechpartner für junge Patientinnen und Patienten mit psychischen Störungen.
Seelische Erkrankungen zählen zu den häufigsten Krankheiten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Circa 20 Prozent der unter 18-Jährigenweisen psychische Auffälligkeiten auf. Und die Zahl derer, die behandelt werden müssen, nimmt weiter zu. Diese Tendenz spürte auch die Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kinder- und Jugendalters der Uniklinik RWTH Aachen schon frühzeitig.
„Nach Eröffnung der ersten Station 1998 im Gut Neuenhof nahe der Uniklinik RWTH Aachen dauerte es nicht lange bis unsere Klinik als einzige dieser Art in der Region stark ausgelastet war. Die Nachfrage der Hilfesuchenden blieb hoch, der Bedarf für eine weitere Ambulanz in der Städteregion war enorm“, erinnert sich Prof. Herpertz-Dahlmann. Eine Lösung musste her, und die kam 2010 mit der Etablierung der Institutsambulanz sowie der Tagesklinik in Stolberg. Doch auch diese Kapazitäten waren schnell ausgeschöpft. „Während der vergangenen Jahrzehnte haben wir immer mehr Kinder und Jugendliche mit psychischen Störungen behandelt. Die Zahl der zu Betreuenden stieg allein seit den 1990er Jahren bis 2013 um 277 Prozent”, erklärt die Psychiaterin.
Entwicklung und Innovation
Um diesem wachsenden Behandlungsbedarf Rechnung zu tragen, begannen 2014 die Planungen für einen Erweiterungsbau. Die Finanzierung des Neubaus übernahm das Land NRW im Rahmen des Medizinischen Modernisierungsprogramms. Rund zwölf Millionen Euro kostete der Bau. 1,3 Millionen Euro kamen für die Einrichtung hinzu.
Der auf der ehemals städtischen Freifläche gegenüber dem Gut Neuenhof der Uniklinik RWTH Aachen errichtete Neubau stellt mit seinen hellen, modernen Schlaf- und Aufenthaltsbereichen nicht nur zusätzliche Behandlungsplätze in Aachen, sondern passt sich an die spezifischen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten an. Seit der Inbetriebnahme 2018 profitieren diese von drei zusätzlichen Stationen, wozu eine Eltern-Kind-Station und eine spezielle Station jeweils für Jugendliche in Krisensituationen sowie eine weitere spezielle für Essstörungen gehören, einer Ambulanz, einem Bereich für Musik-, Ergo- und Physiotherapie, sowie einer Turnhalle.
Prof. Herpertz-Dahlmann blickt auf einen langen und mühsamen Weg zurück. Doch trotz langjähriger Planungsphase haben sich alle Anstrengungen gelohnt: „Vor allem die Eltern-Kind-Station schaffte ganz neue Möglichkeiten der Behandlung von Kleinkindern im Alter von null bis acht Jahren, die bei uns gemeinsam mit ihren Familien stationär aufgenommen werden können. Auch der tagesklinische Bereich für die essgestörten Patientinnen und Patienten war ein großer Fortschritt“, freut sich die Klinikdirektorin noch heute.
Medizinische Exzellenz und Interdisziplinarität
Was klein anfing, hat sich mittlerweile zu einer ausgezeichneten Versorgungsklinik für junge Patientinnen und Patienten mit psychischen Störungen entwickelt, die einen herausragenden Ruf weit über regionalen Grenzen hinaus genießt. Rund 800.000 Menschen fallen in das Einzugsgebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Unter der Prämisse der gemeinsamen Sicherung des Kindeswohls kooperiert die Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Uniklinik RWTH Aachen seit vielen Jahren erfolgreich mit den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe in der Städteregion Aachen. „Seit Gründung unserer Klinik war uns die gute Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe immer ein besonderes Anliegen“, betont die Klinikdirektorin.
Aber auch die interdisziplinäre Arbeit ist für den Behandlungserfolg essenziell. Die klinische und auch wissenschaftliche Kooperation mit den Nachbarfächern wie der Psychiatrie, der Neurologie und der Pädiatrie kommt in gemeinsamen Behandlungsangeboten wie der interdisziplinären Station für Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters zum Ausdruck.
Etablierung moderner Behandlungsmethoden
„Herausragende Krankenversorgung bedarf zwingend einer exzellenten, auf Kernthemen fokussierte Forschung“, meint Prof. Herpertz-Dahlmann. Ein Schwerpunkt der Klinik liegt in der Behandlung von an Anorexia nervosa erkrankten Kindern und Jugendlichen. Mit dem 2017 neu etablierten Home Treatment-Behandlungsansatz verfügt die Klinik über ein Alleinstellungsmerkmal in der Versorgung von Magersuchtpatientinnen und -patienten in der Region. Beim Home Treatment werden die Betroffenen intensiv in ihrem Zuhause zusammen mit ihren Eltern durch speziell geschulte, multiprofessionelle Betreuende medizinisch und psychologisch versorgt.
Durch die finanzielle Förderung und Unterstützung des Gemeinsamen Bundesausschusses kann das Behandlungskonzept wissenschaftlich begleitet und ausgewertet sowie Personal anderer Kliniken geschult werden. Davon verspricht sich Prof. Herpertz-Dahlmann für die Zukunft eine Übertragung der innovativen Versorgungsform in die Regelversorgung.
Bedeutsames Jubiläum einer resoluten Visionärin
Die Vernetzung der Therapieangebote und Einrichtungen, aber in erster Linie das erfahrene und hochqualifizierte Team der Klinik stehen für die sehr erfolgreiche Arbeit in den letzten Jahrzehnten.
„In den mehr als 25 Jahren, die ich an der Uniklinik RWTH Aachen tätig bin, hatte ich das große Glück, aktiv die erfolgreiche Entwicklung meiner Klinik mitgestalten zu können“, freut sich Prof. Herpertz-Dahlmann. „Wir haben ein großartiges Team aus erfahrenen Fachkräften aufgebaut, das sich untereinander ergänzt und auch unterstützt. Von der guten Arbeitsatmosphäre profitieren nicht nur unsere Mitarbeitenden, sondern auch unsere jungen Patientinnen und Patienten sowie ihre Familien“, ergänzt sie.
„Während meiner Amtszeit habe ich Professorin Herpertz-Dahlmann als eine absolut verlässliche Persönlichkeit kennlernen dürfen, die als Visionärin über die eigene Institution hinaus neue Maßstäbe in der Versorgung psychisch erkrankter Kinder und Jugendlicher gesetzt hat. Ohne ihr Gespür für künftige Entwicklungen, ihre unermüdliche Tatkraft und die daraus resultierende Dynamik wäre die Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters nicht in der herausragenden Position, die sie heute einnimmt", sagt Prof. Dr. med. Thomas H. Ittel, Vorstandvorsitzender und Ärztlicher Direktor der Uniklinik RWTH Aachen.
Im Video blicken langjährige Mitarbeitende zurück auf 25 Jahre Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uniklinik RWTH Aachen: