Führungswechsel am Ende einer Ära: Univ.-Prof. Dr. med. Michael Siniatchkin hat zum 1. Oktober Univ.-Prof. Dr. med. Beate Herpertz-Dahlmann abgelöst, die seit 1997 die Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der Uniklinik RWTH Aachen aufgebaut und geleitet hat und nun altersgemäß in den Ruhestand geht. Zuletzt tätig als Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Bethel und des Universitätsklinikums OWL folgte Prof. Siniatchkin nun dem Ruf auf die W3-Professur für Kinder- und Jugendpsychiatrie nach Aachen und stärkt künftig die Versorgung psychisch erkrankter Kinder und Jugendlicher mit innovativen Therapien in der Region.
Prof. Siniatchkin stammt gebürtig aus der ehemaligen Sowjetunion. Nach seinem Studium in Saratow und Moskau in Russland arbeitete und forschte der Mediziner unter anderem an den Universitätskliniken Kiel, Marburg und Frankfurt am Main. 2020 folgte Prof. Siniatchkin dem Ruf auf eine W3-Professur für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum OWL der Universität Bielefeld. Dort hat er seine Expertise erfolgreich eingebracht und als Chefarzt die Klinik neu aufgebaut.
Etablierung neuer Therapieverfahren
Diesen Erfolg strebt der erfahrene Facharzt auch für seine Tätigkeit an der Uniklinik RWTH Aachen an und hat genaue Vorstellungen: „Die Kinder- und Jugendpsychiatrie ist ein besonderer Teil des psychiatrischen Hilfesystems. Dass ihre gesellschaftliche Bedeutung auch über die Fachkreise hinaus weiter zunimmt, hat zuletzt die Pandemie eindrucksvoll gezeigt. Die bestehende fachliche Kompetenz sowie die Bandbreite der Behandlungsschwerpunkte auf universitärem Niveau weiterzuentwickeln und gleichzeitig neue innovative Therapiekonzepte auf den Weg zu bringen, ist eine spannende und verantwortungsvolle Aufgabe, der ich mich mit meiner Berufung sehr gerne stelle.“ Hierbei legt Prof. Siniatchkin großen Wert auf eine sektorenübergreifende Zusammenarbeit. „Um die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Aachen und überregional nachhaltig zu verbessern, ist nicht nur eine klinische und wissenschaftliche Kooperation mit den Nachbarfächern wie der Psychiatrie, der Neurologie und der Pädiatrie wichtig, sondern auch eine enge Vernetzung der Klinik mit niedergelassenen Ärzten, der Jugendhilfe, Schulen und Beratungsstellen“, so der neue Klinikdirektor.
Schwerpunkt Klinische Neurophysiologie und Bildgebung
Neben der Entwicklung neuer Therapieverfahren für Kinder, Jugendliche und deren Familien liegen seine Forschungsschwerpunkte in der Verhaltens- und Entwicklungsneurobiologie und Pathophysiologie psychischer Störungen, die er in den kommenden Jahren in Aachen ausbauen möchte. In enger Kooperation mit der Sektion„Klinische Neuropsychologie des Kindes- und Jugendalters“, geleitet von Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Kerstin Konrad, wird der 51-Jährige die Zusammenhänge zwischen psychischen Erkrankungen und verschiedenen Funktionen des Gehirns, wie zum Beispiel Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Lernen, Handlungsplanung, Problemlösen, Perspektivübernahme, Wahrnehmung und Emotionsregulation, untersuchen, mit dem Ziel, sowohl der Entstehung psychischer Erkrankungen vorzubeugen als auch deren Behandlung zu verbessern.
Chronische psychische Störungen wie die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) oder Autismus-Spektrum-Störungen (ASD) sind häufig vorkommende Diagnosen bei Kindern und Jugendlichen, die traditionell mittels Einsatz von Arzneien und Psychotherapie behandelt werden. Prof. Siniatchkin hat eine neuartige nicht-invasive Behandlungsmethode entwickelt, die sich leicht in den Alltag von Kindern und Jugendlichen integrieren lässt. „Bei dieser Methode werden die mit Mechanismen von ADHS und ASD verbundenen Hirnareale mit einem sehr schwachen elektrischen Strom stimuliert, um ihre Funktion zu verbessern“, erklärt der Mediziner.
Der verheiratete Familienvater von zwei Kindern zeichnet sich durch sein profundes Expertenwissen und seine engagierten Forschungsprojekte aus und ist bestens vertraut mit den operativen wie auch strategischen Anforderungen an die Leitung einer solch großen und breitgefächerten Klinik.
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters
Mit rund 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und insgesamt 60 ambulanten und stationären Therapieplätzen versorgt die Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Uniklinik RWTH Aachen das gesamte Spektrum kinder- und jugendpsychiatrischer Störungsbilder. Das Angebot umfasst neben stationären und tagesklinischen Behandlungsmöglichkeiten auch eine große Institutsambulanz mit mehreren Spezialsprechstunden. Des Weiteren verfügt die Klinik über eine Eltern-Kind-Station sowie einer interdisziplinären Station für Kinder und Jugendliche mit psychosomatischen Erkrankungen.