GingiSeal

Organochemische Modifizierung von Titanlegierungs- und Zirkonoxid-Oberflächen mit dem Ziel der verbesserten Adhäsion von Gingivazellen (GingiSeal)

Bei der Versorgung eines Dentalimplantates mit einer Suprakonstruktion (Abutment und Krone) kommt es im Bereich des Weichgewebekragens zur Etablierung einer narbenähnlichen Struktur, die sich dem Abutment und der Krone eng anlegt. Dieser Verschluss ist gegenüber einer Penetration durch Bakterien, Plaque und Biofilm jedoch weniger widerstandsfähig als der natürliche Übergang am Zahn zwischen Wurzeloberfläche und Mund­schleimhaut, das Junction epithelium. Infolgedessen können Keime und Biofilm das Interface zwischen Abutment und Gingiva einfacher schwächen und zwischen Abutmentoberfläche und periimplantärem Weichgewebe penetrieren.

Um diesem Mechanismus entgegenzuwirken, werden in diesem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungsprojekt die Oberflächen der für dentale Abutments relevanten Werkstoffe (Titanlegierung Ti6Al4V und Zirkonoxid Y-TZP) durch eine neuartige organochemische Oberflächenmodifikation funktionalisiert (Abb. 1). Es wird überprüft, ob mittels einer selbstorganisierenden Monoschicht (Self Assembled Monolayer, SAM), sowie crosslinker-unterstützt angebundenen Proteinen (Fibronectin und CAP; cementum attached protein) ein hydrolysestabiles Anheften von primären gingivalen Epithelzellen (GEC) und gingivalen Fibroblasten (GF) erreicht werden kann. Die SAMs und ihre Anbindung an die beiden Werkstoffsubstrate werden durch XPS, QCM-D, PM-IRRAS, AFM und ESEM sowie zusätzlich durch biomechanische Tests umfassend charakterisiert. Des Weiteren werden Versuche durchgeführt, bei denen humaner Speichel auf die Protein-beladenen Oberflächen gegeben wird, um den Einfluss der Protein-Zell-Adhäsion unter den biochemischen Randbedingungen analog zur Situation in der Mundhöhle (Stichwort Pellikel) im Detail zu untersuchen. Zudem wird die zelluläre Interaktion zwischen den organochemisch angekoppelten Proteinen und den anheftenden gingivalen Zellen insbesondere auf der Grundlage des Integrin Pathways untersucht. Des Weiteren wird in einem humanen In-vivo-Experiment an ausgewählten Probanden die Effizienz des entwickelten Sealings auf der Grundlage eines Plaque-Akkumulations-Tests über­prüft. Bestätigt sich die Arbeitshypothese, dass eine signifikante Zunahme der GEC- und GF-Adhäsion sowie des Zellanwachsverhaltens durch die maßgeschneiderten selbstorganisierenden Monolagen und angekop­pelten spezifischen Proteine an Titan- und Zirkonoxid-Oberflächen erreicht werden kann, birgt diese Technologie großes Potenzial, um in einem nachfolgenden Schritt auf individuell hergestellte Abutments übertragen und klinisch eingesetzt zu werden. Dies könnte dann klinisch dazu beitragen, das Auftre­ten von Mukositis und Periimplantitis zukünftig zu reduzieren und damit den Langzeiterfolg von Dentalimplantaten maßgeblich zu verbessern.