Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert mit rund 3 Millionen Euro für einen Zeitraum von zunächst drei Jahren eine Klinische Forschungsgruppe (KFO344) an der Uniklinik RWTH Aachen, die eine Gruppe von bösartigen Knochenmark-Erkrankungen, die „Myeloproliferativen Neoplasien (MPN)“, untersuchen und genauer verstehen will, um durch bessere Kenntnis der zugrundeliegenden Mechanismen neue zelluläre und molekulare Therapieansätze zu entwickeln. Sprecher der KFO344 ist Univ.-Prof. Dr. med. Tim H. Brümmendorf, Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie, Hämostaseologie und Stammzelltransplantation an der Uniklinik RWTH Aachen und des Centrums für Integrierte Onkologie Aachen (CIO Aachen). Forschungskoordinator der KFO344 ist Univ.-Prof. Dr. med. Steffen Koschmieder aus dem Lehr- und Forschungsgebiet Translationale Hämatologie und Onkologie an der Uniklinik RWTH Aachen.
Weltweit gibt es schätzungsweise bis zu 8.000 Seltene Erkrankungen. Hierzu gehören die Gruppe der Myeloproliferativen Neoplasien, bei denen zu viele weiße oder rote Blutkörperchen beziehungsweise Blutplättchen gebildet werden. Klinisch zeigen sich diese Erkrankungen häufig mit Fieber, Nachtschweiß, Juckreiz, Schmerzen in der Milzgegend und im Knochen oder Durchblutungsstörungen. In Abhängigkeit von der im Vordergrund stehenden Symptomatik und dem vorherrschenden Zelltyp manifestieren sich MPN entweder als Polyzythämia vera (PV), Essentielle Thrombozytose (ET), primäre Myelofibrose (MF) oder Chronische myeloische Leukämie (CML). Myeloproliferativen Neoplasien sind chronische Erkrankungen, die oft über Jahre stabil bleiben können. Im Verlauf kann die Erkrankung jedoch fortschreiten, und es besteht dann die Gefahr der Entwicklung einer Knochenmark-Verfaserung („sekundäre Myelofibrose“), schwerwiegender Komplikationen wie Thrombosen, Herzinfarkte und Schlaganfälle und des Überganges in eine akute Leukämie. Während in den letzten Jahren bereits ermunternde Behandlungserfolge durch neue, zielgerichtete Medikamente erzielt wurden, besteht derzeit nur durch eine Stammzelltransplantation Aussicht auf vollständige Heilung.
Jedes Jahr werden circa fünf Fälle von MPN pro 100.000 Einwohner neu diagnostiziert. Das erscheint auf den ersten Blick wenig, doch bis 2050 wird die Zahl an MPN erkrankter Patienten in Europa um das Zehnfache zunehmen. Umso wichtiger wird die Erforschung der Mechanismen der Krankheitsentstehung und Progression und die Entwicklung zielgerichteter Behandlungsmöglichkeiten für MPN.
Die Arbeit der geförderten KFO344 mit dem englischen Titel „Untangling and Targeting Mechanisms of Myelofibrosis in Myeloproliferative Neoplasms (MPN)“ umfasst die Erforschung der Ursachen der MPN, die Klärung der Rolle des Stützgerüstes und Mikromilieus sowie die Erfassung der kritischen Faktoren für die Fibrosierung (Verfaserung) des Knochenmarkes. „Ziel ist es, durch bessere Kenntnis der zugrundeliegenden Mechanismen neue therapeutische Ansatzpunkte zu identifizieren und die Behandlung von Patienten mit MPN entscheidend zu verbessern“, sagt Prof. Koschmieder, und Prof. Brümmendorf ergänzt: „Durch die Förderung der neuen Klinischen Forschungsgruppe durch die DFG werden unsere klinischen und wissenschaftlichen Aktivitäten am Standort Aachen nachhaltig gestärkt. Diese Forschungsinitiative wird darüber hinaus auch unseren gemeinsamen Aktivitäten für eine verbesserte Versorgung von Krebspatienten mit den Partneruniversitätskliniken im Rheinland im Rahmen des ‚CIO Aachen Bonn Köln Düsseldorf‘ zugutekommen.“