Stressfaktor Alltagslärm und wie man sich wirksam schützen kann
Telefon, Türklingel, Signalanlage, Durchsagen, ein ratternder Drucker, die Kollegin, die etwas hinüberruft – ein hoher Geräuschpegel und Stimmengewirr sind oftmals Bestandteil unseres Alltags in Arztpraxen. Meist nehmen wir ihn gar nicht mehr bewusst wahr, denn viele Geräusche gehören ganz selbstverständlich dazu. Doch wie viel Lärm verträgt unser Körper eigentlich? Kann man sich wirklich an eine permanente Geräuschkulisse gewöhnen? Und vor allem: Wann wird er zur Last und kann man sich dagegen schützen?
Wer einmal fernab Urlaub genossen hat, mag sich erinnern: Einen Moment tiefer Stille haben die meisten von uns seit Jahren nicht mehr erlebt. Anders als Abgase werden Lärm und laute Geräusche vielfach nicht als gefährlich angesehen – obwohl sie der Gesundheit ebenfalls massiv schaden können. „Wer meint, an Lärm könne man sich gewöhnen, liegt leider falsch“, betont Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Kraus, Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Uniklinik RWTH Aachen. „Man nimmt ihn vielleicht bewusst nicht mehr im gleichen Ausmaß wahr, stumpft also ein wenig ab. Bei Erwachsenen werden dennoch vor allem das Herz-Kreislauf-System und bei Kindern die Leistungsfähigkeit des Gehirns beeinflusst. Laute Geräusche erzeugen stets Stress,“ so der Fachmann.
Schon Straßenlärm kann Gesundheit beeinträchtigen
Das lässt sich ein wenig mit Zahlen und Fakten untermauern: Lärm wird in der logarithmischen Einheit Dezibel (dB) angegeben. Zehn Dezibel mehr bedeuten eine Verzehnfachung der Schallenergie, drei Dezibel eine Verdoppelung. 20 bis 40 Dezibel sind bereits gut zu hören (etwa das Ticken eines Weckers, Computer-Ventilatoren, Hintergrundgeräusche im Haus). Die Empfindlichkeit ist bei dieser Lautstärke individuell: Manche Menschen werden hierdurch aber bereits im Schlaf gestört. 60 bis 80 Dezibel erreichen ein lautes Gespräch, ein Drucker oder ein vorbeifahrendes Auto.
Im Bereich um 80 Dezibel liegen etwa Rasenmäher oder eine Bohrmaschine. Lärm in dieser Lautstärke kann bereits zu gesundheitlichen Langzeitschäden führen. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass bei Straßenlärm, der im Haus einen Schallpegel von 65 Dezibel erreicht, das Risiko für Herz-Kreislaufstörungen um 20 Prozent höher ist als bei 50 bis 55 Dezibel. Schon weit unter einem Schalldruckpegel von 85 Dezibel kann Lärm krank machen – selbst dann, wenn er gar nicht als störend wahrgenommen wird. Der Krach löst Stressreaktionen aus, Hormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol werden verstärkt gebildet, was wiederum den Blutdruck steigen lässt, die Herzfrequenz beschleunigt und die Blutgerinnung aktiviert.
Aber was tun? – Rezepte gegen Lärm
Je lauter es wird, desto schlechter hört man. Am besten sollte man zunächst versuchen, Lärmquellen zu beseitigen, um diese Spirale zu durchbrechen. Das heißt konkret: Signaltöne dimmen oder diese auf Vibrationsalarm oder optische Signale umschalten. Außerdem gilt: Wir sollten unseren Ohren öfter Pausen gönnen. Damit sich die Ohren nach der lauten Arbeit oder Disco und Co. erholen, sollte der Lärmpegel während mindestens 10 Stunden nicht über 70 Dezibel steigen. Man sollte unbedingt auf die ersten Anzeichen von Hörschwäche achten: Wenn sich Nachbarn über laute Musik oder Fernsehen beschweren oder die Gesprächspartner alle so leise reden, ist es höchste Zeit, zum Arzt zu gehen. Gehörschwund lässt sich mit dem Reinton- Audiometer oder mit Sprachtests gut messen.
Selbst-Test für deine Ohren
Das Forum „Das gesunde Ohr“ empfiehlt den Selbsttest, um die Regenerationsfähigkeit des eigenen Ohrs zu prüfen: Besorge dir dazu Ohrstöpsel in der Apotheke und trage diese eine Stunde lang, zum Beispiel beim Einkaufen oder beim Spazierengehen. Wenn du die Stöpsel herausnimmst, und deutlich empfindest, dass es in deiner Umgebung lauter ist als vorher, hat sich dein Ohr durch den vorübergehenden Lärmschutz etwas erholt. Je häufiger und je länger du dein Gehör gegen unnötigen Lärm schützt, desto besser kann sich dein Ohr regenerieren.