Forschungs- und Promotionsstipenden (2009)
- Graduiertenstipendium der DFG im Graduiertenkolleg (Max-Weber-Kolleg) "Menschenwürde" in Erfurt (Stefanie Westermann)
- Auslandsstipendium des DAAD (Dagmar Schmitz)
Graduiertenstipendium der DFG im Graduiertenkolleg (Max-Weber-Kolleg) "Menschenwürde" in Erfurt (Stefanie Westermann)
Promotionsprojekt: „Von da an trag ich bis ans Lebensende dieses Mahnmal" -- Der Umgang mit den nationalsozialistischen Zwangssterilisationen in der Bundesrepublik und die Perspektive der Betroffenen
Selbstbewerbung, Promotor: Prof. Dr. Rainer Eisfeld
Kurzbeschreibung des Projekts
Weit über 300.000 Menschen wurden zwischen 1934 und 1945 im nationalsozialistischen Deutschland zwangsweise sterilisiert. Am Beispiel der Wiederaufnahmeverfahren von Erbgesundheitsgerichtsprozessen, welche seit 1947 in der britischen Besatzungszone bzw. den später daraus hervorgegangenen Bundesländern möglich waren, werden Kontinuitätslinien im Umgang mit den Betroffenen deutlich. Die Verfahren, welche auf dem nationalsozialistis-chen "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" selbst aufbauten, dienten der ergebnisoffenen Überprüfung der Sterilisationsurteile durch ein bundesdeutsches Gericht. Die in diesem Kontext entstandenen medizinischen Gutachten und Urteilsbegründungen verweisen auf das Fortwirken einer "Erbgesundheitslogik" ebenso wie einer praktizierten Sozialdiagnostik im Umgang mit den Betroffenen. Mit Hilfe der qualitativen Analyse sowie dem Ansatz der oral history wurden über 400 Briefe von Betroffenen, Interviews sowie 250 Akten aus Wiederaufnahmeverfahren in Erbgesundheitsgerichtsprozessen analysiert. Hierbei ging es insbesondere um wiederkehrende, in unterschiedlichen Quellen auftauchende Themen und Formulierungen, welche -- bei aller Individualität -- einen Blick auf die Wahrnehmungsmuster dieser Opfergruppe und den Umgang mit ihnen erlauben.
Zwangssterilisation bedeutete für die Betroffenen -- das zeigt die Analyse der unterschiedlichsten Quellen im Rahmen des Projekts -- in der Konsequenz zerstörte Lebensperspektiven: Die gewünschte Ausbildung konnte nicht angetreten oder beendet werden, der Wunschpartner nicht geheiratet, die Lebens- und Familienplanung nicht umgesetzt werden. Das Leben wurde zu einer Kette kaum beeinflussbarer, negativer Ereignisse. Gebrochene Identitäten äußerten sich in schambesetztem Schweigen und sozialer Isolation, in Depressionen und Verbitterung. Es ging im Leben nach der Sterilisation in individuell unterschiedlicher Ausformung zumeist um ein Aushalten, um ein "Darüberhinwegleben" (Kristin Platt), welches dem Einzelnen unterschiedlich gelang.
Laufzeit des Stipendiums: Mit Abschluss des Promotionsverfahrens am 31. August 2009 beendet (zuvor von Oktober bis Dezember 2007 Status einer Stipendiatin und von Januar 2008 bis August 2009 Status einer Kollegiatin)
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Auslandsstipendium des DAAD (Dagmar Schmitz)
Forschungsprojekt: Was bedeuten "genetische Information" und "genetic privacy" für die informierte Einwilligung?
Einrichtung: Ethiek Instituut, Universiteit Utrecht, Niederlande
Selbstbewerbung
Kurzbeschreibung des Projekts
Das Konzept der informierten Einwilligung ist sowohl für die bioethischen als auch für die medizinrechtlichen Diskussionen zumindest in westlichen Gesellschaften von zentraler Bedeutung. Üblicherweise dient die freie und informierte Einwilligung des Patienten dazu, ärzt-liche Handlungen zu ermöglichen, die ohne diese Einwilligung eine Grenzverletzung darstel-len würden. Im Umgang mit genetischen Informationen bezieht sich die informierte Einwilli-gung in der Regel auf Grenzverletzungen im Hinblick auf die "genetic privacy", wobei in der Literatur vielfach kritisch diskutiert wird, ob eine die informierte Einwilligung als Schutzkon-zept für derartige Grenzverletzungen überhaupt geeignet sein kann.
Überprüft werden soll deshalb im Rahmen des Projektes die Forderung nach informierter Einwilligung im Umgang mit genetischen Informationen im Hinblick auf ihre theoretische Fundierung. Ausgehend von (1) einer vergleichenden Analyse der Standards für die informierte Einwilligung in den Niederlanden und Deutschland wird untersucht, welche theoretischen Konzeptionen von (2) "genetischer Information" und (3) "genetic privacy" diesen Standards zugrunde liegen und (4) in welchem Zusammenhang diese stehen und begründet werden können.
Laufzeit des Stipendiums: August 2009 bis Januar 2010