Welche Bedeutung die Untersuchung der an COVID-19 verstorbenen Patientinnen und Patienten für die Lebenden haben, konnte in den vergangenen Monaten eindrucksvoll unter Beweis gestellt werden: Bereits Anfang Mai haben UKE-Wissenschaftler eine Studie veröffentlichte, die auf das deutlich erhöhte Thromboserisiko infolge COVID-19-Erkrankung aufmerksam machte. Risikopatienten werden seitdem mit Blutverdünnern behandelt, um lebensbedrohliche Thrombosen oder Lungenembolien zu verhindern. Zahlreiche weitere Studien haben inzwischen ergeben, dass neben der Lunge weitere Organe wie zum Beispiel Herz und Niere von dem neuen Virus befallen werden, es sich also um eine Multisystemerkrankung handelt. „Autopsien können sehr schnell wichtige Erkenntnisse liefern, die die Risikoermittlung, Diagnostik und Behandlung der Patienten entscheidend verbessert“, unterstreicht Prof. Dr. Martin Aepfelbacher, Forschungsdekan des UKE und einer der beiden Sprecher des neuen Netzwerks, die Bedeutung der Untersuchungen für die aktuelle Corona-Pandemie. An dem Netzwerk sind die Institute für Pathologie, Neuropathologie und Rechtsmedizin sowie auch Institute für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene beteiligt.
Nationales Autopsie-Register als bestehende Struktur
„Um die derzeitige Pandemie aufzuarbeiten, auf eine mögliche zweite Welle vorbereitet zu sein und generell Strukturen zu schaffen, um für zukünftige Epidemien und Pandemien gewappnet zu sein, bedarf es eines nationalen Registers mit vielfältigen Daten aus Autopsien“, erklärt Prof. Dr. Peter Boor, Netzwerksprecher der Uniklinik RWTH Aachen. Hierfür sei eine systematische Analyse gesammelter Gewebe und Körperflüssigkeiten etwa in Form von virologischen, genomischen oder bildgebenden Untersuchungen notwendig. An der Uniklinik RWTH Aachen wurde bereits im April mit dem Aufbau eines deutschlandweiten Registers von COVID-19-Autopsien begonnen; das neue Netzwerk DEFEAT PANDEMIcs kann somit auf bereits bestehende Netzwerkstrukturen zurückgreifen.
An dem neuen Forschungsverbund sind 27 deutsche Universitätskliniken sowie zahlreiche Institutionen wie etwa das Robert Koch-Institut (RKI), das Henrich Pette-Institut (HPI), die Fachgesellschaften für Pathologie, Neuropathologie und Rechtsmedizin, das Bundeswehrkrankenhaus Ulm oder die Gesellschaft für Virologie beteiligt. „Die Vielzahl der beteiligten Einrichtungen unterstreicht den Gedanken der Vernetzung, gemeinsam schneller und effektiver zu Lösungen zu kommen. Insbesondere der translationale Gedanke, dass die Patientinnen und Patienten unmittelbar von den Erkenntnissen der Wissenschaft profitieren können, macht das neue Autopsie-Netzwerk so wertvoll“, sagt Prof. Dr. Blanche Schwappach-Pignataro, Dekanin der Medizinischen Fakultät des UKE.
Nationales Netzwerk Universitätsmedizin
Das neue Forschungsprojekt wird vom BMBF im Rahmen des neuen Netzwerks Universitätsmedizin mit fast sieben Millionen Euro gefördert. Das Netzwerk hat zum Ziel, Maßnahmenpläne, Diagnostik- und Behandlungsstrategien möglichst aller deutschen Universitätskliniken zusammenzuführen und auszuwerten. Durch diese Bündelung der Kompetenzen und Ressourcen sollen Strukturen und Prozesse in den Kliniken geschaffen werden, die eine möglichst optimale Versorgung der COVID-19-Erkrankten sicherstellen. Dies dient auch dem Ziel, künftigen Krisensituationen schneller, schlagkräftiger und besser vorbereitet begegnen zu können.
Weitere Infos: www.netzwerk-universitaetsmedizin.de