AG Cerovic

Das intestinale Immunsystem muss einen einen äußerst sensiblen Gleichgewichtszustand zwischen der Aktivierung protektiver Immunantworten gegen potentielle Pathogene und der Bewahrung von Toleranz gegenüber harmlosen Antigenen aus Nahrung und Mikrobiota ausbalancieren. Die Störung dieses Gleichgewichts kann verheerende Entzündungsprozesse, wie chronisch-entzündliche Darmentzündungen (IBD) und Nahrungsmittelallergien auslösen. Intestinale mononukleäre Phagozyten (MPs), zu denen dendritische Zellen (DCs) und Makrophagen zählen, spielen eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle von intestinaler Immunität und Toleranz. Daher sind sie vielversprechende Zielzellen für Immuntherapien, die Toleranzprozesse modulieren: diese Therapien wollen gezielt Toleranzmechanismen unterdrücken, um z.B effizientere orale Impfstoffe zu entwickeln, oder aber Toleranz fördern, um Lebensmittelallergien oder IBD zu behandeln. Unsere Arbeitsgruppe untersucht die Rolle von DCs und Makrophagen bei der Bewahrung von Toleranz und der Aktivierung intestinaler Immunantworten. Ein besonderer Schwerpunkt liegt hierbei auf dem Einfluss dieser Zellen auf die Aktivierung und Funktion von T-Zellen.

Publikationen

Antigenpräsentation durch intestinale Makrophagen bei Immunität und Toleranz

Spezialisierte Untergruppen mononukleärer Makrophagen (MPs) besitzen unterschiedliche Funktionen. Allein intestinale dendritische Zellen (DCs) sind in der Lage, aus dem Darm in die mesenterischen Lymphknoten (MLNs) einzuwandern und dort durch die Aktivierung naiver T-Zellen adaptive Immunantworten zu initiieren. Dahingegen sind Makrophagen dauerhaft in der intestinalen Lamina Propria sesshaft, so dass es unwahrscheinlich ist, dass sie eine wichtige Rolle bei der Aktivierung naiver T-Zellen spielen. Trotzdem besitzen Makrophagen entscheidende Funktionen bei der Generierung adaptiver Immunantworten und intestinaler Toleranz. So führt beispielsweise eine verringerte Produktion von Interleukin 10 (IL-10) durch Dünndarm-Makrophagen dazu, dass die Expansion regulatorischer T-Zellen herabgesetzt und die orale Toleranz beeinträchtigt wird.

Obwohl intestinale Makrophagen große Mengen MHCII auf ihrer Zelloberfläche tragen, ist ihre potentielle Rolle als Antigen-präsentierende Zellen noch nicht hinreichend untersucht und verstanden. In diesem Projekt wollen wir die molekularen Mechanismen aufklären, die die Expression von MHCII auf intestinalen Makrophagen kontrollieren, und ihre Rolle als Antigen-präsentierende Zellen verstehen.

Dendritische Zellen der Leber bei der Induktion oraler Toleranz

Unter Oraler Toleranz verstehen wir den aktiven Prozess der lokalen und systemischen Immununempfindlichkeit gegenüber oral zugeführtem Antigen. Das Versagen oraler Toleranz kann zu entzündlichen Darmerkrankungen und Nahrungsmittelallergien führen. Jüngste Publikationen belegen die entscheidende Funktion von dendritischen Zellen (DCs) des Dünndarms bei der Induktion Foxp3+ regulatorischer T-Zellen und dem Verlauf tolerogener Immunantworten im Darm. Es ist jedoch schon seit längerem bekannt, dass die Leber ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Entstehung oraler Toleranz leistet. Trotzdem ist erst sehr wenig darüber bekannt, welche zellulären Mechanismen in der Leber zu Toleranz gegenüber oral zugeführtem Antigen führen, und wie die beiden Organe Darm und Leber bei der Toleranzentstehung zusammenwirken. In diesem Projekt charakterisieren wir die phänotypischen und funktionellen Eigenschaften von DCs, die in der Lymphe der Leber migrieren, mit besonderem Augenmerk auf ihre Rolle bei tolerogenen Immunantworten in Leber und Darm. Wir untersuchen vergleichend die funktionalen und migratorischen Eigenschaften von Foxp3+ regulatorischen T-Zellen im Kontext von oraler Toleranz. Darüber hinaus wollen wir zeigen, inwieweit tolerogene Funktionen dieser DCs und die Entstehung peripherer Foxp3+ Tregs sich verändern, wenn die intestinale Homöostase gestört wird.

Zusätzliche Literatur:

1. Cerovic V, Houston SA, Westlund J, et al. Lymph-borne CD8alpha+ dendritic cells are uniquely able to cross-prime CD8+ T cells with antigen acquired from intestinal epithelial cells. Mucosal Immunol. 2015;8(1):38-48.

2. Cerovic V, Bain CC, Mowat AM, Milling SWF. Intestinal macrophages and dendritic cells: what’s the difference? Trends Immunol. 2014;35(6):270-277.

3. Cerovic V, Houston SA, Scott CL, et al. Intestinal CD103(-) dendritic cells migrate in lymph and prime effector T cells. Mucosal Immunol. 2013;6(1):104-113.

Die tolerogene Funktion von dendritischen Zellen in der Darm-Leber-Achse

Um im Steady-State die Immuntoleranz aufrechtzuerhalten fungieren Darm und Leber als Einheit indem sie eine Population regulatorischer T-Zellen (Tregs) induzieren. Es ist gut untersucht, dass intestinale T-Zellen eine Schlüsselrolle bei der Induktion dieser Tregs spielen. Über das tolerogene Potential von DCs aus der Leber ist hingegen erst wenig bekannt.

In diesem Projekt charakterisieren wir die Beteiligung von DCs aus hepatischer und intestinaler Lymphe bei der Generierung tolerogener Immunantworten in Leber und Darm.  Wir vergleichen die funktionalen und migratorisschen Eigenschaften von Tregs, die durch hepatische bzw. instestinale DCs induziert wurden. Darüber hinaus untersuchen wir, wie die tolerogene Funktion von DCs aus Darm und Leber sich verändert, wenn die intestinale Homöostase gestört wird.

Um diese Fragestellungen experimentell zu adressieren, haben wir eine einzigartige Technik etabliert, die es ermöglicht, in der Maus in vivo in der Lymphe von Darm und Leber migrierende DCs aufzufangen und die auf der Adenektomie der Darm- bzw. Leber drainierenden Lymphknoten beruht.


Förderung:

Dieses Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 1382 ‚Die Darm-Leber-Achse – Funktionelle Zusammenhänge und therapeutische Strategien‘ (https://www.crc1382.org/) gefördert.