In den 90er Jahren war ihr Name Programm. Mit der Talksendung „Schreinemakers live“ revolutionierte die gebürtige Krefelderin das Genre und versammelte Woche für Woche Abermillionen Fernsehzuschauer vor den Geräten. Sie war ganz oben, erfolgreich, emotional und furchtlos, bis ein vermeintlicher Steuerskandal – der keiner war – ihre Karriere beendete. Zehn Jahre später, ein zweiter Schock: Beim Joggen blieb ihr Herz stehen – ganze acht Minuten lang. Mit apropos spricht die Moderatorin über Höhen, Tiefen und ihre Liebe zum Leben.
Frau Schreinemakers, vor fast genau zehn Jahren hat ein Herzstillstand Ihr Leben gehörig auf den Kopf gestellt. Wie oft denken Sie noch an diesen Tag?
Sicherlich nicht mehr so häufig wie im ersten Jahr. Ich habe eine Zeit lang gebraucht, um begreifen zu können, was mir zugestoßen ist und wie viel Glück ich haben durfte. Zehn Jahre „Verlängerung“ ist wirklich ein fetter Grund, das Leben zu feiern.
Ihr Herz stand acht Minuten lang still. Was war passiert?
Mein Mann Jean-Marie und ich waren joggen. Wir hatten bereits zehn Kilometer hinter uns, liefen durch den Wald, als ich ganz ohne Vorankündigung tot umgefallen bin. Es war wie ein Stromausfall. Ich selbst habe rein gar nichts davon gemerkt, aber für Jean-Marie war es der blanke Horror. Er hat die Nerven behalten und sofort um mein Leben gekämpft, bis die Rettungssanitäter kamen. Das hat acht Minuten gedauert, was bei einer undefinierbaren Stelle im Wald eine enorme Leistung ist. Ohnehin hatte ich ein tolles Rettungsteam. An diesem 1. März 2009 half mir ein unglaublich dicker Schutzengel.
Wissen Sie, was der Auslöser war?
Eine kleine Kalkablagerung hatte ein Gefäß verstopft. Dieses wurde, glaube ich, zu 99 Prozent verschlossen. Dieses eine Prozent, was dann noch übrig blieb, war mein Riesenglück. Das Allergrößte war allerdings mein Mann, der mich sofort reanimiert hat.
Der Rettungshubschrauber brachte Sie in die Aachener Uniklinik. Können Sie sich an die nächsten Stunden erinnern?
Ich erinnere mich an nichts. Mein Kurzzeitgedächtnis kam aber Gott sei Dank nach 48 Stunden wieder. Das war mein großes Glück, denn wir hatten weder eine Patientenverfügung noch irgendeine Vollmacht. Ein Riesenfehler! An sein mögliches Ableben denkt man oft erst, wenn es zu spät ist. Wir haben das gemeinsam, direkt nach dem Krankenhaus, nachgeholt.
Wie unterschied sich Ihr „neues“ von dem „alten“ Leben?
Ich konnte im Grunde da weitermachen, wo ich aufgehört hatte. Ohne nennenswerte Schädigungen, gesund und munter. Dieses Glück haben nur sehr wenige. Doch nach einem halben Jahr passierte etwas, das mich komplett zerlegt hat. Ein enger Freund, fünf Jahre jünger als ich, starb an einem plötzlichen Herztod – meinem Tod. Ihm konnte aber leider nicht geholfen werden. Von da an bekam ich Panikattacken, die ich nicht zuordnen konnte, sich aber wie Sterben anfühlten. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft wir den Notarzt gerufen haben. Das war eine qualvolle Zeit. Nicht nur für mich, für alle in meiner Familie.
Wie ging es weiter?
Ich ging zu Doktor Thomas Nickl-Jockschat, einem großartigen Therapeuten, der damals Oberarzt im Aachener Klinikum war. Er half mir dabei, die Anzeichen meiner Panikattacken zu interpretieren und zu verstehen, dass Angst mich nicht umbringen kann.
Was haben Sie über Ihren Körper gelernt?
Dass ich ein verdammt gutes Herz habe. Hätte ich nicht so viel Ausdauersport betrieben, wäre meine Pumpe sicherlich nicht so stark belastbar gewesen. Heute achte ich mehr auf meinen Körper und gehe regelmäßig zu Professor Marx, den ich auch persönlich sehr schätze. Toll, wenn man einen Behandler haben darf, der einem auch menschlich guttut.
Wie hat sich Ihr Verhältnis zu Leben, Tod und Liebe verändert?
Ich bin unendlich dankbar, extrem positiv, habe keinerlei Angst vorm Sterben und liebe das Leben total. Ich bin eh ein Mensch mit sehr viel Energie. Das ist ein Gottesgeschenk. Und ich versuche Menschen zu meiden, die mir nicht guttun. Allerdings plane ich nicht mehr für Jahre. Das bringt sowieso nichts.
Ihr Fall zeigt, wie essenziell wichtig Kenntnisse der Herz-Lungen-Wiederbelebung sind. Hätten Sie im umgekehrten Fall gewusst, was zu tun ist?
Allerdings. Ich habe solche Kurse mehrfach wiederholt und mich als Mutter sogar mit der Wiederbelebung von Kleinkindern befasst. In meinen Augen ist das ein absolutes Pflichtprogramm. Ich habe meine Tante Grete dreimal wiederbelebt und sie wurde immerhin 93 Jahre alt. Jeder sollte wissen: Wer gar nichts macht, riskiert, dass ein Mensch stirbt oder schwere Schäden behält. Das ist kein Buch mit sieben Siegeln. Das ist Nächstenliebe mit Verstand.
Wofür schlägt Ihr Herz heute?
Für das Leben. Ohne Punkt und Komma.
Buchtipp
„Wer einmal tot war, weiß, wie schön das Leben ist.“ Ihre Erfahrungen hat Margarethe Schreinemakers in einem Mut machenden Buch verarbeitet. Ich will das Leben küssen! ist 2015 im adeo Verlag erschienen.
ISBN: 978-3863340704