Hepatitis – die unterschätzte Gefahr
Verschieden Formen der Virushepatitis können die Leber teils schwer schädigen. Zur Urlaubszeit ist besonders eine Infektion mit dem Virustyp A häufig.
Weltweit ist etwa jeder zwölfte Mensch von einer chronischen Virushepatitis betroffen. Unbehandelt können chronische Infektionen mit dem Hepatitis-B- oder -C-Virus zu einer Entzündung der Leber und nach Jahren zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen. Eine Million Menschen sterben jährlich an den Folgen einer langjährigen Hepatitis-B-Virusinfektion.
Univ.-Prof. Dr. med. Christan Trautwein, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselerkrankungen und Internistische Intensivmedizin an der Uniklinik RWTH Aachen, behandelt regelmäßig Patienten, bei denen die Schädigung der Leber durch eine Virus-Hepatitis schon weit fortgeschritten ist. „Das Problem ist, dass die Erstinfektion mit den Viren häufig unentdeckt bleibt und die chronische Hepatitis von den Betroffenen oft jahrelang nicht bemerkt wird“, erklärt Professor Trautwein. Das liegt auch daran, dass es nach Erstkontakt mit dem Hepatitis-B- oder -C-Virus in der Regel nicht zu ausgeprägtem Krankheitsgefühl oder einer Gelbsucht mit Gelbfärbung der Augen und der Haut kommt. Dabei wurden in den letzten Jahren große Erfolge bei der Therapie der chronischen Hepatitis B und C erzielt, sodass den Patienten meist geholfen werden kann. „Das Risiko für Folgeschäden wie Leberzirrhose oder Leberkrebs ist umso geringer, je früher die Erkrankung erkannt wird und die Therapie beginnt“, sagt Professor Trautwein weiter. „Daher sollte man sich regelmäßig testen lassen.“
Ganz allgemein werden unter dem Begriff Hepatitis alle entzündlichen Erkrankungen der Leber zusammengefasst. Diese schädigen die Leberzellen und stören die Organfunktion zum Teil erheblich. Die Ursachen für eine Hepatitis sind unterschiedlich: Es können Viren, Bakterien oder Parasiten dafür verantwortlich sein oder Krankheiten, bei denen es zu einer Mitbeteiligung der Leber kommt, zum Beispiel bei der Sarkoidose oder der Eisenspeichererkrankung (Hämochromatose). Weitere Gründe sind Fettleber, Medikamente, Alkohol, oder Chemikalien. Eine wichtige Rolle spielen Hepatitisformen, die durch Viren verursacht werden; meist sind es die Virustypen A, B, C oder E.
Hepatitis A: Böses Urlaubsmitbringsel
Bei der Infektion mit dem Hepatitis-A-Virus handelt es sich um eine Krankheit, die über Schmierinfektionen übertragen wird. Der Erreger gelangt dabei aus dem Kot an Gegenstände oder in Lebensmittel und somit über den Mund wieder in einen Organismus. Es folgt ein akuter Krankheitsverlauf, der in der Regel nach drei bis vier Wochen wieder abklingt. Gerade auf Reisen in Ländern mit geringen Hygienestandards ist die Ansteckungsgefahr hoch. Aber die Erreger der ansteckenden Leberentzündung lauern nicht nur bei Tropenreisen. Auch in Mittelmeerländern wie Italien und Spanien und in Osteuropa sind Hepatitis A und B verbreitet.
Die beste Prophylaxe gegen die Hepatitis-A-Infektion liegt in der Impfung gegen das Virus. Diese wird gut vertragen und bietet 100-prozentigen Schutz. „Sollte man ohne Impfschutz in gefährdete Gebiete reisen, kann man die Gefahr durch einfache Verhaltensregeln minimieren“, erklärt Professor Trautwein. So sei grundsätzlich Vorsicht gegenüber Imbissständen an der Straße geboten. Obst und Gemüse sollte man vor dem Verzehr gründlich mit abgekochtem Wasser abwaschen oder schälen. Darüber hinaus empfehle (würde empfiehlt sich schreiben, auch wenn empfehle die richtige Form wäre) es sich, abgepacktes oder abgekochtes Wasser zu trinken (Vorsicht bei Eiswürfeln!). Vor dem Verzehr roher Schalentiere aus dem Meer wie Austern oder Muscheln wird allgemein gewarnt.
Hepatitis B: Die häufigste Hepatitisform
Das Hepatitis-B-Virus (HBV) wird durch Blut und andere Körperflüssigkeiten übertragen. Auch gegen diese Infektion gibt es seit langer Zeit eine Impfung. Häufige Übertragungswege in Deutschland sind aktuell mit infiziertem Blut verunreinigte Geräte – wie Instrumente zum Tätowieren oder Piercen sowie Spritzen und Kanülen – und ungeschützter Geschlechtsverkehr. Da Infektionen mit dem Hepatitis-B- und -C-Virus häufig in bestimmten Milieus auftreten, fühlen sich die Infizierten oft stigmatisiert und schämen sich für ihre Krankheit. Dabei ist eine Infektion auch über gemeinsam genutzte Alltagsgegenstände wie Rasierer, Nagelscheren oder Zahnbürsten möglich. Man geht davon aus, dass weltweit knapp 300 Millionen Menschen mit Hepatitis-B infiziert sind. In Deutschland sind es dank guten Impfverhaltens proportional weniger, aber immerhin noch eine halbe Million Menschen, die das Hepatitis-B-Virus, das hundert Mal ansteckender als HIV ist, in sich tragen. In den letzten Jahren wurden bei der Therapie der chronischen Hepatitis-B-Infektion große Erfolge erzielt, sodass den meisten Patienten geholfen werden kann.
Hepatitis C: Ansteckung durch Transfusion
Das Hepatitis-C-Virus wird in der Regel über infiziertes Blut übertragen. Besonders viele Menschen mit einer Hepatitis-C-Infektion haben das Virus mit Bluttransfusionen erhalten, da bis Anfang der 90er-Jahre das Virus noch unbekannt war. Mittlerweile werden Blutprodukte sehr streng auf das Vorliegen einer Hepatitis-C-Infektion getestet, sodass heute die Gefahr nicht mehr gegeben ist. „Aus der akuten Infektion wird eine chronische, wenn sechs Monate nach der Infektion das Hepatitis-C-Virus noch nachweisbar ist“, erklärt Professor Trautwein. „Das ist bei drei von vier Betroffenen der Fall.“ Für Menschen, die unter einer chronischen Hepatitis B oder C leiden, besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose – der vollständigen Vernarbung der Leber. Zusätzlich kommt es auf dem Boden einer Leberzirrhose bei den Patienten häufig zur Entwicklung eines Leberzellkarzinoms. Als Folge beider Komplikationen kann es zum Leberversagen und Tod der Patienten kommen. Daher sollte man frühzeitig mit einer Therapie beginnen. Auch für die Therapie der Hepatitis-C-Infektion wurden mittlerweile exzellente Medikamente entwickelt.
Hepatitis E: Virusinfektion auf dem Vormarsch
In den letzten Jahren werden zunehmend Hepatitis-E-Fälle diagnostiziert. Diese Hepatitisform wurde früher vor allem in südlichen Ländern wie Indien oder Mexiko gefunden. In den letzten Jahren haben die Hepatitis-E-Fälle jedoch deutlich auch in Deutschland zugenommen. Ob es sich allein um die vermehrte Diagnostik handelt oder ob es eine echte Zunahme ist, konnte bisher nicht geklärt werden.
Das Hepatitis-E-Virus wird ähnlich wie das Hepatitis-A-Virus über Schmierinfektionen übertragen. Interessant ist, dass das Virus auch ein Reservoir im Tierreich hat und daher auch als Zoonose angesehen werden kann. Ein Wirt ist das Hausschwein; so konnte gezeigt werden, dass Schweine in Schweinbeständen mit zunehmenden Alter der Tiere eine höhere Durchseuchungsrate aufweisen. Eine Impfung wurde bisher nur für den chinesischen Markt entwickelt, da man bisher davon ausging, dass die Infektion in Europa keine große Rolle spielt.