Auf dem Weg zur digitalen Arztpraxis
ePA, eAU, eRezept und Co.
Seit 2021 haben gesetzlich Krankenversicherte die Möglichkeit, eine elektronische Patientenakte (ePA) zu führen. Sie soll den Papierordner, den gut sortierte Patientinnen und Patienten anlegen, um alle Befunde, Diagnosen, Therapiemaßnahmen und Behandlungsberichte zu ihren Erkrankungen zu ammeln, ersetzen. Der große Vorteil: Es kann nichts mehr verlorengehen und es wird einfacher, Informationen an unterschiedliche Behandler weiterzugeben, sofern die Patienten dies möchten.
Für Praxen sind diese neuen Möglichkeiten eine Herausforderung, denn sie sollen die elektronische Patientenakte bereits seit Juli 2021 ausstellen. „Für MFA und ZFA bedeutet dies ein völlig neues Arbeiten und die Auseinandersetzung mit den digitalen Prozessen“, erklärt Barbara Goller von der AOK Rheinland/Hamburg, die bei den Aachener MFA-/ ZFA-Wochen der Uniklinik RWTH Aachen als Digital-Expertin geladen war. Wichtigste Neuerungen sind neben der ePA auch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU), das eRezept, aber auch Arztbriefe und Krankenhausentlassbriefe in digitaler Form. „Für die Praxen ist es notwendig, diese Entwicklung nun umzusetzen“, sagt Barbara Goller. „Neben der elektronischen Patientenakte muss ab spätestens Mitte 2022 auch die eAU ausgestellt werden, das eRezept sogar schon ab Januar 2022.“ Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird mit Einführung der eAU direkt an die Krankenkasse übermittelt, der „gelbe Schein“ in Papierform ist mittelfristig Geschichte. Beibehalten wird der Ausdruck erst einmal für den Arbeitgeber und den Patienten selbst in einer vereinfachten Form. Ab Januar
2022 soll das elektronische Rezept Papierrezepte ersetzen. Wenn der Arzt ein Medikament verordnet, werden die Daten in das sichere Gesundheitsnetz (Telematikinfrastruktur) übermittelt und gleichzeitig ein Barcode generiert. Dieser Barcode kann in eine entsprechende Rezept-App des Patienten übertragen werden. Dieser kann dann von der Apotheke vom Mobilgerät des Kunden abgescannt werden. Patientinnen und Patienten, die sich gegen die Nutzung einer App entscheiden, erhalten den Code als Papierausdruck. Eine händische Unterschrift des Ausdrucks ist nicht erforderlich. Auch hier erfolgt dann das Abscannen des Barcodes in der Apotheke.
Die elektronische Patientenakte
Die elektronische Patientenakte liefert einen Überblick über alle Gesundheitsdaten der Patientinnen und Patienten. Die Krankenkassen bieten ihren Versicherten dazu ebenfalls Apps an, mit denen die ePA befüllt werden kann. Die AOK Rheinland/Hamburg hat dazu beispielsweise die App „AOK
Mein Leben“ entwickelt. Wer keine App nutzen möchte, kann die ePA auch mit der elektronischen Gesundheitskarte und einer PIN, die von Ihrer Krankenkasse zugestellt wird, direkt in der Arztpraxis nutzen. Ärzte und andere Behandler können zum Beispiel Befunde, Therapiepläne oder Medikamentenpläne in der ePA abspeichern. Zudem können Informationen aus bereits vorhandenen einzelnen Dokumentationen fall- und einrichtungsübergreifend zusammengeführt werden. Andersherum haben Versicherte die Möglichkeit, eigene Dokumente – wie zum Beispiel Tagebücher über Blutzuckermessungen oder ihre Impfunterlagen – hochzuladen, um sie der Ärztin oder dem Arzt zur Verfügung zu stellen. Die stetige Weiterentwicklung der Akte mit vielen zusätzlichen Möglichkeiten ist für die nächsten fünf Jahre bereits konkret geplant. So sollen neben niedergelassenen Ärzten, Psychotherapeuten, Zahnärzten und Apotheken demnächst auch weitere Nutzergruppen wie Pflegepersonal, Hebammen, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten, der Öffentliche Gesundheitsdienst, Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner sowie Reha-Kliniken eingebunden werden. Zudem wird das Berechtigungskonzept verfeinert, was bedeutet, dass man in Zukunft einzelne Dokumente freigeben kann. Außerdem soll eine Vertreterregelung eingerichtet werden können und die Mitnahme der Akte bei Kassenwechsel möglich werden. Auch eine Nutzung der Akte am PC oder Laptop, die Speicherung von Bonusheften und Vorsorgeheften sowie die Verwaltung von Krankenhaus-Entlassungsbriefen, Pflegeüberleitungsbögen und Laborwerten ist geplant. Schlussendlich soll in einer folgenden Weiterentwicklung der ePA auch die Forschung einbezogen werden, zum Beispiel durch die pseudonymisierte Freigabe von Daten zu Forschungszwecken.
Zeitnahe Umstellung
Für die Umsetzung und den Austausch all dieser Daten werden in den meisten Praxen wohl auch die MFA/ZFA zuständig sein. „Auch wenn der Start sich pandemiebedingt in vielen Praxen verzögert, werden sich zeitnah alle Praxen mit dem Thema ‚Lesen und Befüllen einer ePA‘ beschäftigen müssen“, erklärt Barbara Goller. Grundsätzlich sind die Anbindung an die Telematikinfrastruktur, der eHBA 2.0 (elektronischer Heilberufsausweis) und ein PVS-System mit den aktuellsten Updates erforderlich, um mit der Einrichtung von ePAs zu starten. Momentan gebe es in vielen Praxen noch einige Hürden zu überwinden: „Bei der Technik und Hardware oder auch bei den Softwarelösungen und den grundsätzlichen Abläufen“, erklärt Barbara Goller. Die MFA/ZFA sollten die Chance nutzen, sich offen gegenüber den Entwicklungen zu zeigen und sich den Umgang mit den digitalen Neuerungen anzueignen. Schließlich muss das Praxispersonal auch die Patientinnen und Patienten über die Veränderungen informieren und erklären, warum beispielsweise das Rezept jetzt anders als gewohnt aussieht oder warum sie keine AU mehr für die Krankenkasse erhalten. „In Zukunft wird diese Art der Aktenführung Normalität sein, so wie es heute auch schon üblich ist, Online- Banking zu nutzen anstatt einen Überweisungsträger per Hand auszufüllen und per Post an die Bank zu senden“, ist sich die Expertin sicher. Schließlich bieten die digitalen Prozesse viele Vorteile und könnten letztendlich die Arbeit erleichtern.
Die Digitalisierung im Bereich der Gesundheitsversorgung schreitet voran. Vor allem die digitale Arztpraxis soll Struktur- und Verfahrensverbesserungen bringen. Barbara Goller weiß, was man als Arztpraxis und MFA/ZFA leisten muss, um das umsetzen zu können. Mehr Infos dazu im Video.
Die Präsentation finden Sie im internen Bereich.
Informationen zur ePA
- der KBV: https://www.kbv.de/html/epa.php
- der AOK: https://www.aok.de/gp/aerzte-psychotherapeuten/elektronische-patientenakte
- der gmatik: https://www.gematik.de/anwendungen/e-patientenakte/
Informationen zur eAU
- der KBV: https://www.kbv.de/html/e-au.php
- der AOK: https://www.aok.de/gp/aerzte-psychotherapeuten/eau
Informationen zum eRezept