Neues Schirmchen für risikoarmen, minimal-invasiven Herzeingriff

Mit einem neuartigen Schirmchen, auch Occluder genannt, haben Spezialisten für angeborene Herzfehler an der Uniklinik RWTH Aachen erstmalig einen großen Defekt in der Vorhofscheidewand des Herzens minimal-invasiv verschlossen. Es war erst der vierte Patient in Europa, bei dem diese Schirmchengröße verwendet wurde. Zuvor wäre der Verschluss nur mit einer Operation und der Öffnung des Brustkorbs möglich gewesen.

Defekte in der Vorhofscheidewand, sogenannte Vorhofseptumdefekte, gehören zu den häufigsten angeborenen Fehlern am Herzen. Die klinische Bedeutung dieser Defekte ist sehr unterschiedlich. Während kleine Vorhofseptumdefekte bis ins hohe Erwachsenenalter gelegentlich gar keine Symptome verursachen, drohen bei unbehandelten, großen Vorhofseptumdefekten im Langzeitverlauf schwerwiegende Komplikationen wie eine Herzschwäche der rechten Herzkammer oder ein Lungenhochdruck, was eine Einschränkung der Belastbarkeit zur Folge haben kann. Daher empfehlen Herzspezialisten, die Schwere des Defekts bereits vor dem Auftreten von Beschwerden abzuklären und den Defekt gegebenenfalls vorsorglich zu verschließen. Bei zentral gelegenen Defekten sowie ausreichendem Rand zu den umgebenden Herzstrukturen ist der interventionelle Verschluss seit längerem Methode der Wahl. Hierbei wird im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung ein Schirmchen, auch Occluder genannt, implantiert. Bei größeren Defekten, fehlendem Rand oder atypischer Lage des Defektes kann eine Korrektur des Vorhofseptumdefektes in der Regel nur durch ein operatives Vorgehen nach Eröffnung des Brustkorbes unter Herz-Lungen-Maschine erfolgen. „Nun besteht in Einzelfällen die Möglichkeit, auch große Defekte mit fehlendem Rand zur Hauptschlagader mit einem neuartigen Schirmchen, dem sogenannten Gore Cardioform Occluder mit einer Größe von 48 mm, zu verschließen“, betont Dr. Majed Kanaan, Stellvertretender Direktor der Klinik für Kinderkardiologie und Leiter des Herzkatheterlabors der Klinik.

Kleiner Eingriff mit großer Wirkung

Das neuartige Schirmchen ist so weich, dass es sich der Herzanatomie besonders gut anpasst, ohne Druck auf die Herzstrukturen auszuüben. „Der neue Occluder besteht aus einem Nitinol-Drahtgerüst, das mit einer dünnen Membran aus expandiertem Poly-Tetra-Fluorethylen (ePTFE) beschichtet ist. Die ePTFE-Membran hat den Vorteil, dass es keinen Kontakt zwischen Blut und Metall gibt“, erläutert Univ.-Prof. Dr. med. Kerst, Direktor der Klinik für Kinderkardiologie an der Uniklinik RWTH Aachen. Er leitet gemeinsam mit Priv.-Doz. Dr. med. Corinna Lebherz, Oberärztin in der Klinik  für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin (Klinikdirektor: Univ.-Prof. Dr. med. Nikolaus Marx), sowie Univ.-Prof. Dr. med. Jaime Vázquez-Jiménez, Direktor der Klinik für Kinderherzchirurgie und Chirurgie angeborener Herzfehler, das Überregionale Zentrum für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler Aachen (EMAH-Zentrum) an der Uniklinik RWTH Aachen, das erwachsene Patienten mit angeborenem Herzfehler bis ins hohe Erwachsenenalter betreut. Die Entscheidung, ob ein Verschluss notwendig ist, und welche Methodik angewandt wird, trifft das interdisziplinäre Team des EMAH gemeinsam, denn nicht in jedem Fall ist das katheterinterventionelle Vorgehen die beste Therapie für den Patienten „Gern kann ein individueller Beratungstermin in unserer Sprechstunde für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern vereinbart werden“, sagt Prof. Kerst.

Zufriedener Patient

Simon Kremers ist der erste Patient, dem das neue Schirmchen von Experten der Klinik für Kinderkardiologie eingesetzt wurde – und erst der 4. Patient in Europa, bei dem diese Schirmchengröße verwendet wurde. Er konnte bereits nach zwei Tagen die Uniklinik verlassen und zeigt sich begeistert von dem neuen Verfahren: „Das Schirmchen wurde mir ohne Komplikationen eingesetzt. Ich bin sehr erleichtert, dass alles so gut geklappt hat, denn es stand nicht fest, ob die Ärzte das neue Schirmchen würden einsetzen können, weil das Loch sehr groß war. Ich bin froh, dass mir eine OP erspart geblieben ist.“

Kontakt:

EMAHukaachende

www.ukaachen.de/kliniken-institute/klinik-fuer-kinderkardiologie/emah-zentrum.html

Überregionales Zentrum für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler Aachen (EMAH-Zentrum)
Kinderkardiologie
Univ.-Prof. Dr. med. Gunter Kerst

Kinderherzchirurgie
Univ.-Prof. Dr. J. Vazquez-Jimenes

Kardiologie
PD Dr. med. C. Lebherz

Für Presserückfragen wenden Sie sich bitte an:

Uniklinik RWTH Aachen
Stabsstelle Unternehmenskommunikation
Dr. Mathias Brandstädter
Tel. 0241 80-89893
kommunikationukaachende