Das Projekt mit dem Titel „Wissenschaftliche Evaluation eines psychologisch-telemedizinischen Beratungskonzepts zur Raucherentwöhnung bei Patienten mit Gefäßerkrankungen“ steht unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. med. Ute Habel, Leiterin der Sektion Neuropsychologie der Uniklinik RWTH Aachen. Der Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) fördert das Forschungsprojekt mit circa 2,5 Millionen Euro für die kommenden drei Jahre.
Deutschlandweit rauchen etwa 28 Prozent der Bevölkerung. An den Folgen von Tabakkonsum sterben laut dem Bundesministerium für Gesundheit jährlich über 127.000 Menschen. Rauchen erhöht nicht nur das Risiko einer Krebserkrankung, sondern treibt auch die Verengung von Arterien voran, die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PaVK). Diese drückt sich durch Durchblutungsstörungen in den Beinen aus, die mitunter zu krampfartigen Schmerzen führen. Mehr als 40 Prozent der im Krankenhaus behandelten PaVK-Patientinnen und -Patienten rauchen. Trotz Amputation einzelner Gliedmaßen oder Katheterinterventionen sind sie häufig nicht dazu in der Lage, ihre Nikotinsucht zu besiegen. Das Projekt will dieser Patientengruppe durch ein telemedizinisches Raucherentwöhnungsprogramm helfen, ihre Abhängigkeit zu überwinden.
Niederschwelliges Programm
„Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Praktikabilität, Akzeptanz und Effizienz eines mehrstufigen Entwöhnungskonzeptes für Menschen mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit wissenschaftlich zu evaluieren“, erklärt die Leiterin des Projektes, Prof. Habel. Das Forschungsteam reagiert damit auf die nationalen und europäischen Forderungen, medizinische Fachexpertisen sowie innovative Maßnahmen zur Reduktion von Tabakkonsum weiterzuentwickeln. Das Entwöhnungsprogramm ist niederschwellig, psychologisch und telemedizinisch aufgebaut. Zudem ist eine individuelle Anpassung an den Patienten oder die Patientin möglich. Im Zuge der Untersuchungen gilt es die Forschungsfrage zu klären, ob das Konzept, zusätzlich zu den festgesetzten Vorgaben der S3-Leitlinien, einen höheren therapeutischen Erfolg bei Patienten mit Gefäßerkrankungen erzielen kann. Dazu werden im Rahmen einer Vergleichsstudie nicht nur neuropsychologische Daten ausgewertet, sondern auch patientenberichtete Erfahrungen. Als Ergebnis des Projektes erwarten die Forscher bei der untersuchten Interventionsgruppe eine Erhöhung der Entwöhnungsquote um rund zehn Prozent. Zusätzlich wird die Intervention gesundheitsökonomisch evaluiert und persönliche Merkmale erfasst, die eine Entwöhnung bei der Patientengruppe erleichtern oder behindern. Das Forschungsvorhaben ist nicht nur für die Entwöhnung von Patienten mit Gefäßkrankheiten richtungsweisend, erläutert Prof. Habel: „Der Konsum von Tabak ist auch für weitere Erkrankungen bedeutsam. Die ausgearbeiteten Strukturen und das Beratungskonzept können somit auch bei anderen Risikopatienten ihren Nutzen finden. Im Erfolgsfall stellt die telemedizinische Raucherentwöhnung also eine innovative Strategie der Tertiärprävention dar, mit der sich weiteren Gesundheitsschäden bei langjährigen Rauchern vorbeugen lässt.“
Viele Partner
Weitere Projektbeteiligte der Uniklinik RWTH Aachen sind Dr. rer. medic. Benjamin Clemens, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Univ.-Prof. Dr. med. Gernot Marx, Leiter der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care sowie Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Ralf-Dieter Hilgers, Leiter des Instituts für Medizinische Statistik. Das Forschungsteam wird durch die Zusammenarbeit mit Dr. Hinrich Böhner, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie im Katholischen Krankenhaus Dortmund-West, Prof. Dr. med. Knut Kröger, Chefarzt der Klinik für Angiologie im Helios Klinikum Krefeld und Rainer Beckers, Geschäftsführer des Bochumer Zentrums für Telematik und Telemedizin GmbH, ergänzt.