Seit 2019 zählen laut der Bundesagentur für Arbeit die MFA zu den sogenannten Engpassberufen. Bei den Ausbildungen rangiert das Berufsbild der MFA immer noch ganz oben, doch viele der jungen Leute können nicht in
dem Beruf gehalten werden – die derzeitigen Arbeitsbedingungen sind allzu oft unattraktiv. Die Folge: Insbesondere Arztpraxen fi nden für die ambulante Patientenversorgung nur noch sehr schwierig qualifiziertes Personal. Daher müssen viele Praxen mindestens zeitweise ihr Leistungsangebot deutlich einschränken und einen Aufnahmestopp für Patientinnen und Patienten beschließen. Die Gründe für den ausgeprägten Personalmangel sehen Expertinnen und Experten vor allem in dem geringen Lohn bei einer gleichzeitig sehr hohen Arbeitsbelastung, der viele MFA ausgesetzt sind.
CORONA HAT DIE SITUATION VERSCHLIMMERT
Seit 2020 haben deutlich mehr MFA in Umfragen angegeben, über ein Ausscheiden aus ihrem Beruf nachzudenken, denn das Arbeitspensum in den Praxen ist hoch und das Personal knapp. Nicht zuletzt hat auch Corona die Probleme verschärft: Über Monate mussten die Arztpraxen – neben dem Alltagsgeschäft – die Impfung von Millionen Menschen und die Behandlung ambulanter Erkrankter organisieren. Gerade in der Phase, als die Impfstoffe noch absolute Mangelware waren und die Nachfrage das Angebot bei weitem überschritten hatte, hatten viele MFA den „täglichen Wahnsinn“ erlebt: enormer Bürokratieaufwand, ungeduldige und frustrierte Patienten sowie ein niemals stillstehendes Telefon. Viele von ihnen sind selbst erschöpft und am Ende ihrer Kräfte. Doch ein staatlicher Corona-Bonus, den Pflegekräfte als Anerkennung für ihren Einsatz erhalten haben, blieb den MFA bislang verwehrt. Viele Ärztinnen und Ärzte zahlten daher selbstständig einen Bonus an ihre Mitarbeitenden aus der eigenen Tasche. Doch eine öffentliche Anerkennung der Leistungen der MFA in der
Pandemiebekämpfung bleibt damit bis heute aus.
PRAXEN KONKURRIEREN MIT KLINIKEN UM MFA
Nach einer Befragung des Zentralinstituts für kassenärztliche Versorgung rechnen rund zwei Drittel aller Praxen auch künftig mit weitreichenden Personalproblemen. Die befragten Ärztinnen und Ärzte gaben an, dass rund 54 Prozent ihres selbst ausgebildeten Fachpersonals in andere Berufe oder Kliniken abwandert. Schon längst setzen viele Praxen auf gewährte Sachleistungen wie die Erstattung von Kinderbetreuungskosten, Sonderzahlungen und Zuschläge, um Personal anzuwerben und zu halten. Doch die Maßnahmen reichen oft nicht aus, um Abwanderungen zu verhindern, denn die ambulante Versorgung hat einen entscheidenden Nachteil: Große Konkurrenten sind neben dem öffentlichen Gesundheitsdienst der stationäre Sektor, denn die Krankenhäuser können höhere Gehälter zahlen, weil sie – vereinfacht gesagt – im Unterschied zu den Vertragsarztpraxen bei den Krankenversicherungen höhere Preise pro Leistung abrechnen können. Zwar haben sich bei den MFA-Tarifverhandlungen die Parteien Ende Dezember 2020 darauf geeinigt, die Vergütung in drei Stufen bis Ende 2023 um fast 12 Prozent anzuheben, doch der Wettbewerbsnachteil für die Praxen bleibt: Ohne eine entsprechende Gegenfinanzierung können viele von ihnen solche Tariferhöhungen kaum zahlen.
POLITISCHE LÖSUNG ZWINGEND NOTWENDIG
An dieser Stelle ist es daher nötiger denn je, dass die Politik dringend handelt, damit der ambulante Sektor nicht seine Wettbewerbsfähigkeit verliert und die besondere Bedeutung des Berufs der MFA gewürdigt wird: Schließlich sind sie es, die auch in kritischen Situationen immer nah am Menschen arbeiten und im stressigen Praxisalltag die linke und rechte Hand des Mediziners sind. Ohne sie würde die medizinische Versorgung nicht funktionieren, denn nicht ohne Grund stehen die MFA auf den vorderen Plätzen der Berufe, denen viel Wertschätzung und Vertrauen entgegengebracht wird.