Der Humanmediziner und Wissenschaftler Univ.-Prof. Dr. med. Mathias Hornef, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie an der Uniklinik RWTH Aachen, hat den mit 2,5 Millionen Euro dotierten Advanced Grant des European Research Council (ERC) für einen Förderzeitraum von fünf Jahren erhalten. Mit dem Geld möchte er unter anderem die Rolle von frühkindlichen Darminfektionen erforschen und Mechanismen der Krankheitsempfindlichkeit im späteren Leben durch Differenzierungs- und Funktionsänderungen des Darmepithels identifizieren.
Infektionen des Gastrointestinaltraktes sind nach wie vor eine der Hauptursachen für Mortalität und Morbidität im Kindesalter weltweit. Unklar ist, warum vor allem in Entwicklungsländern manche Infektionen das Risiko der Kinder für langfristige Folgeschäden wie vermindertes Wachstum und eine eingeschränkte intellektuelle Entwicklung erhöhen. Der Darm eines Neugeborenen wird nach der Geburt von Bakterien besiedelt, die vor allem von der Mutter sowie aus der Umwelt stammen und schließlich nach einigen Monaten ein stabiles Darmmikrobiom etablieren. Dies trägt wesentlich zur Ausbildung eines reifen Immunsystems in dieser Zeit bei. Gleichzeitig unterliegt das Darmgewebe während der Neugeborenenperiode entwicklungsbiologischen Änderungen, die die Darmschleimhaut auf die besonderen Aufgaben während der bakteriellen Besiedlung aber auch während dem Wechsel der Ernährung von Muttermilch zu fester Nahrung vorbereiten. Infektionen des Darms mit pathogenen Mikroorganismen und die Stimulation der Wirtsabwehr beeinflussen auf vielfältige Weise die Etablierung des Darmmikrobioms, aber auch die Darmgewebe- und Immunreifung.
Das Darmepithel setzt sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Zelltypen mit verschiedenen Funktionen zusammen, die eine dynamische Barriere zwischen Wirtsgewebe und Darmlumen ausbilden. Die postnatale Entwicklung der Heterogenität und funktionellen Spezialisierung der Epithelzellen und der Einfluss von Darminfektionen auf diesen Prozess sind bis heute noch wenig untersucht. Mit seinem Forschungsvorhaben möchte Prof. Hornef den Einfluss von Darminfektionen bei Neugeborenen auf die Differenzierung und Funktion des Darmepithels näher untersuchen. Dabei sollen innovative, multiskalige technische Ansätze und analytische Methoden in Kombination mit neuartigen präklinischen Modellen weiterentwickelt und genutzt werden, um die Bedeutung von frühkindlichen Infektionen durch bakterielle, virale und parasitäre Erreger für die weitere Entwicklung des Kindes und seine Empfindlichkeit gegenüber immunologischen, metabolischen und entzündlichen Erkrankungen zu analysieren und zu erklären.
Die innovativen analytischen Methoden werden in enger Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen an der RWTH Aachen University, aber auch national sowie international eingesetzt.
ERC Grants
Mit seinen Advanced Grants zeichnet der Europäische Forschungsrat (englisch ERC) exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus, die sich mit herausragenden Leistungen in der Forschungscommunity etabliert haben. Das Preisgeld dient dazu, innovative Projekte voranzutreiben. Die Förderlinie ERC „Advanced Grants“ richtet sich an etablierte Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit einer herausragenden wissenschaftlichen Leistungsbilanz, die neue Forschungsgebiete erschließen möchten.
Laut Bekanntgabe des Forschungsrats haben insgesamt 209 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Ausschreibungsrunde 2020 einen der begehrten ERC Grants erhalten. Insgesamt verteilen sich die Grants auf 25 Nationalitäten – die meisten werden an das Vereinigte Königreich (51), Deutschland (40), Frankreich (22) und die Niederlande (17) vergeben.