Eine aktuelle Publikation des Instituts für Medizinische Mikrobiologie an der Uniklinik RWTH Aachen wirft ein neues Licht auf die Bewegung von Bakterien und ihre Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Umgebungen. Die Studie, geleitet von Prof. Marianne Grognot, Leiterin der Arbeitsgruppe Biophysics of Host-Microbe Interaction, zeigt, wie verschiedene Flagellenarchitekturen von Bakterien in unterschiedlichen Umgebungen ihre Schwimmleistung beeinflussen.
Flagellen sind lange, fadenförmige Strukturen bei Lebewesen, zum Beispiel Bakterien, tierische Einzeller oder einige Algen, die der Fortbewegung dienen. Die sechsjährige Studie, die sich von Prof. Grognots Postdoc-Zeit im Taute-Labor am Rowland Institute an der Harvard University bis zu ihrer aktuellen Tätigkeit im Institut für Medizinische Mikrobiologie erstreckte, konzentrierte sich auf Vibrio alginolyticus – ein Pathogen, das ein einzelnes polares Flagellum besitzt, aber auch zahlreiche dünne seitliche Flagellen über seinen Zellkörper verteilen kann. Diese seitlichen Flagellen wurden zuvor mit der Besiedlung von Oberflächen, einschließlich des Wirtsorganismus, in Verbindung gebracht. Die Forscherinnen und Forscher wollten herausfinden, wie diese seitlichen Flagellen das Verhalten der Bakterien in Puffer- und schleimartigen Medien beeinflussen, die oft von diesem Erreger durchquert werden. Sie verglichen Bakterien mit nur einem polaren Flagellum mit solchen, die sowohl ein polares Flagellum als auch seitliche Flagellen besaßen.
Um die beiden Flagellenarchitekturen zu vergleichen, entwickelten die Forschenden eine Methode, mit der es möglich war, direkt zu messen, wie gut eine Population darin ist, einen Kanal zu überqueren, und gleichzeitig das individuelle Verhalten der Bakterien zu analysieren. Die Ergebnisse zeigten, dass seitliche Flagellen die Schwimmleistung einer Population in Puffermedien verringerten, aber die Geschwindigkeit erhöhten, mit der die Population schleimartige Medien durchquerte. Weiterhin analysierten sie, dass seitliche Flagellen die Bakterien in Puffermedien abwärts zogen, aber ihre Geschwindigkeit erhöhten und den Zellen halfen, sich aus Fallen in schleimartigen Medien zu befreien.
„Diese Arbeit bildet den Grundstein für das Grognot-Labor. Sie zeigt nicht nur, wie Bakterien abhängig von ihren Flagellen unterschiedlich schwimmen, sondern auch – und das ist entscheidend – wie sehr ihre Umgebung dies beeinflusst. Da wir nun Teil des Instituts für Medizinische Mikrobiologie sind, streben wir danach, die Vielfalt der Schwimmleistungen von Darm-Erregern und Darmflora in klinisch relevanteren Bedingungen zu untersuchen", erklärt Prof. Grognot die Bedeutung dieser Forschung. Insgesamt sollte dies das Verständnis für die Bewegung von Bakterien und deren Anpassung an die Umgebung auf eine neue Ebene heben. Langfristig könnten die Ergebnisse zur Entwicklung neuer Ansätze zur Bekämpfung der Beweglichkeit von Krankheitserregern während einer Infektion führen.“
Der Artikel wurde in PNAS veröffentlicht und kann hier gefunden oder auf individuelle Anfrage bei Prof. Grognot angefordert werden.