Essstörungen (Anorexia nervosa)

Dr. rer. nat. Stefanie Trinh-Müggenburg

Die Essstörung Anorexia nervosa (AN) ist charakterisiert durch reduzierte Nahrungsaufnahme, Angst vor Gewichtszunahme, verzerrte Selbstwahrnehmung (Körperschemastörung) und häufig Bewegungsdrang. Der Beginn der AN findet oft während der Pubertät statt und die Prävalenz ist bei Frauen etwa zehnmal bis zwanzigmal höher als bei Männern. Des Weiteren ist die Zusammensetzung der bakteriellen Besiedlung im Darm (Darmmikrobiom) in Patientinnen und Patienten mit AN verändert und eine Volumenreduktion des Gehirns ist bekannt. Es ist zu vermuten, dass die sogenannte Darm-Gehirn Achse (gut-brain axis) eine Rolle in der AN spielt und wird derzeit intensiv beforscht.

Das aktivitäts-basierte Anorexie (ABA)-Modell in jungen, weiblichen Ratten spiegelt viele Aspekte der AN wider. Mithilfe dieses Models untersuchen wir den Einfluss von Futterreduktion und Laufradaktivität auf das Darmmikrobiom und die Interaktion mit dem Gehirn. Um den möglichen kausalen Zusammenhang besser zu verstehen, führen wir Stuhltransplantationen (fecal microbiota transplantation) von Patientinnen mit AN in Versuchstieren durch. Die Studie beinhaltet neben neuroanatomischen und molekularbiologischen Analysen auch Verhaltenstests, die die Gedächtnis- und Lernleistung sowie das Angstverhalten der Tiere erforschen sollen.

Zusätzlich untersuchen wir strukturelle Veränderungen im Gehirn, insbesondere im Hinblick auf die zelluläre Anpassung der Gliazellen. Eine über 50%ige Reduktion der Astrozyten in ABA-Tieren konnten wir bereits nachweisen. Um die Funktion der Astrozyten in AN besser zu verstehen, haben wir ein Zellkulturmodell etabliert. Mithilfe dieses Modells werden funktionelle und zelluläre Effekte untersucht, die auftreten, wenn Astrozyten über einen längeren Zeitraum einer Nährstoffunterversorgung ausgesetzt werden. Weitere Gewebearten (Darm-/Fett- und Muskelgewebe und Blutserum) werden auf Veränderungen durch die Futterreduktion und ggf. im Zusammenhang mit dem Darmmikrobiom untersucht.

Außerdem untersuchen wir die epigenetischen Mechanismen (DNA-Methylierung/Modifikation, Histon-Modifikation, non-coding RNAs) und die Rolle von mikro-RNAs (miRNA) bei AN. Ziel ist epigenetische Veränderungen und Unterschiede in den miRNA Profilen als Biomarker zur Vorhersage der Schwere und des Verlaufes von AN einsetzen zu können und zukünftig individuelle Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.