Als derzeit einzige Klinik in der Region verfügt die Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Uniklinik RWTH Aachen mit der sogenannten MR-HIFU-Therapie über ein neuartiges und innovatives Verfahren, das eine präzise und sehr schonende Behandlung unter anderem von gutartigen Knochentumoren, sogenannte Osteoidosteome, ermöglicht. Mittels fokussierter Ultraschallwellen wird das Tumorgewebe nichtinvasiv erhitzt und thermisch abgetragen.
Osteoidosteome sind gutartige, aber sehr schmerzhafte Knochentumore, die vor allem bei jungen Heranwachsenden, meist bei Jungen und Männern zwischen 10 und 35 Jahren, auftreten. Etwa vier Prozent aller gutartigen Knochentumore sind Osteoidosteome, die grundsätzlich in jedem Knochen des Körpers auftreten können. In den meisten Fällen manifestieren sie sich jedoch an den langen Röhrenknochen wie dem Oberschenkelknochen oder dem Schienbein. „Auch wenn es sich dabei meist um kleine Tumoren mit einem Durchmesser von bis zu einem Zentimeter handelt, die keine Gefahr für den Patienten darstellen, können sie sehr starke Schmerzen verursachen“, weiß Dr. med. Alexandra Barabasch, leitende Oberärztin für den Bereich MRT in der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Uniklinik RWTH Aachen. „Betroffene klagen in erster Linie über stark ausgeprägte und anhaltende Schmerzen im Ruhezustand, vor allem aber in der Nacht.“
Patienten profitieren von neuer Therapiemöglichkeit
Die Entfernung des Tumorgewebes und damit der Schmerzursache ist die Therapie der Wahl bei Osteoidosteomen. Dies kann grundsätzlich auf operativem Wege erfolgen. Dabei werden jedoch nicht selten umliegende Muskeln, Sehnen oder gar Nerven beschädigt. „Aus diesem Grund haben wir uns auf ein neuartiges nichtinvasives Behandlungskonzept spezialisiert: die MR-HIFU-Therapie“, so Dr. Barabasch. Nichtinvasiv bedeutet, es ist kein Hautschnitt oder Einstich notwendig, um das Osteoidosteom zu entfernen. Das gesunde Gewebe bleibt bei dieser Therapieform unberührt.
Mit präziser Ultraschallenergie gegen den Tumor
Die Abkürzung MR-HIFU steht für „Magnetresonanz-High Intensity Focused Ultrasound“. Es kombiniert modernste bildgebende Verfahren der Magnetresonanz-Tomographie (MRT) mit der gezielten Zerstörung des Tumors durch hochintensiven, gebündelten Ultraschall. „Während der Ultraschall in der bildgebenden Diagnostik bereits seit vielen Jahren Anwendung findet, hat sich diese Technologie mittlerweile auch in der Therapie etabliert“, weiß die Radiologin. Anders als der für die Bildgebung eingesetzte Ultraschall, werden die Schallwellen bei der therapeutischen Nutzung in einem Brennpunkt innerhalb des menschlichen Körpers gebündelt, um punktgenaue Hitze-Areale in einem zuvor definierten und determinierten Gewebebereich zu erzeugen. „Im ersten Schritt lokalisieren wir mithilfe des MRT exakt die zu behandelnde Struktur im Körper. Anschließend generieren wir hochkonzentrierte Schallwellen, die zielgenau auf den Tumor gerichtet sind. Durch die starke Energiebündelung erhitzt sich der Bereich unter Aussparung des umgebenden Gewebes auf bis zu 90 Grad. Infolgedessen wird das Osteoidosteom Schicht für Schicht zerstört – ganz ohne ionisierende Strahlung und ohne Operation“, erklärt Dr. Barabasch das Vorgehen. Einmal entfernt, kann der Tumor keine Schmerzen mehr erzeugen. Damit ist er dauerhaft therapiert.
Zielsichere Echtzeit-Kontrolle
Die Uniklinik RWTH Aachen verfügt über einen hochmodernen 3 Tesla-MR-Tomographen der neuesten Generation. Das Ultraschallgerät wird von einem Radiologen gesteuert und über die Magnetresonanztomografie fortlaufend überwacht. „Durch die Bildgebung ist es uns nicht nur möglich, den Tumor zu erkennen, um so den therapeutische Ultraschall zu lenken, sondern ihn während der Behandlung ständig in Echtzeit zu sehen und die Auswirkungen in der Tiefe zu erkennen“, beschreibt die erfahrene Radiologin. Auch eine Echtzeit-Temperaturmessung erfolgt durch das MRT. Die Temperatur im Gewebe wird den behandelnden Ärztinnen und Ärzten als Farbkarte dargestellt.
Wirksam und sicher
Die MR-HIFU-Behandlung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Anästhesie an der Uniklinik RWTH Aachen und wird unter Allgemeinnarkose, Spinal- oder Regionalanästhesie, durchgeführt. Aufgrund der minimalen Belastung beträgt der stationäre Aufenthalt in der Regel eine Nacht zur Überwachung.
„Zwar ist der hochintensive fokussierte Ultraschall noch eine vergleichsweise junge Technik, hat allerdings bei der Therapie von gutartigen Knochentumoren bereits vielversprechende Ergebnisse gezeigt“, zeigt sich Dr. Barabasch hoffnungsvoll. Auch Studien belegen den Erfolg und konnten in den letzten Jahren nachweisen, dass die MRT-HIFU-Ablation eine wirksame und sehr sichere Methode darstellt, die in den meisten Fällen zu einer raschen Verbesserung der Symptomatik und Steigerung der Lebensqualität führt.