Gelungene Kommunikation in der Arztpraxis
Wie so oft im Leben ist eine gelungene Kommunikation auch in der Arztpraxis der Schlüssel zu reibungslosen Abläufen und positiven Beziehungen zwischen Patienten, MFA/ZFA und Ärzten. Doch ganz so leicht ist das mit der Kommunikation nicht – das müssen viele im Alltag feststellen. „Wer sich bewusst macht, wie Kommunikation funktioniert und welche Fallstricke sie bereithält, hat schon einen wesentlichen Teil dazu beigetragen, dass die Kommunikation erfolgreich ist“, erklärt Andrea Lenes, die stellvertretene organisatorische Leitung des Kompetenzzentrums für Training und Patientensicherheit an der Medizinischen Fakultät der RWTH Aachen.
Wichtigster Punkt: Kommunikation besteht immer aus einem Sender und einem Empfänger. Man selbst ist also immer nur ein Teil der Kommunikation, was zur Folge hat, dass das Gesagte manchmal nicht als das Gemeinte beim Gegenüber ankommt. Denn jede Nachricht beinhaltet verschiedene Ebenen: Den Sachinhalt, die Selbstkundgabe, den Beziehungshinweis und den Appell. Die Nachricht so zu formulieren, dass auf all diesen Ebenen korrekt kommuniziert wird, ist die große Kunst und nicht einfach.
Erfolgreiche Teams arbeiten daher nach folgenden Grundsätzen:
- Die Praxisorganisation kommt üblicherweise mit nur wenigen Anweisungen aus. Wenn von vornherein klar ist, wer was macht, kann es zu weniger kommunikativen Missverständnissen kommen.
- Die Teammitglieder kommunizieren respektvoll und direkt miteinander.
- Bei Problemen wird zeitnah der kollegiale Austausch gesucht, Missverständnisse und Unklarheiten werden direkt angesprochen.
- Differenzen in der Zusammenarbeit werden offen kommuniziert und zeitnah aus der Welt geschafft.
- Die Arbeitsatmosphäre ist konzentriert und entspannt.
Wer diese Punkte beherzigt, kann als Team punkten und hat weniger Probleme im alltäglichen Arbeitsablauf. Für fortgeschrittene Teams eignet sich auch ein Blick auf das Vier-Quadranten-Modell, das Stärken und Schwächen einer Persönlichkeit aufzeigt. Wer die Zuordnung seiner Team-Kollegen im Vier-Quadranten-Modell kennt, kann dies in die Kommunikation mit den verschiedenen Personen einfließen lassen und diese damit noch weiter verbessern.
Die Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten
Besonders anspruchsvoll kann die Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten sein. Manch ein Patient kann den Praxisablauf ganz schön durcheinanderbringen. Vor allem wenn er sich dem Praxisablauf nicht anpasst, die Autorität der MFA/ZFA nicht akzeptiert oder sich gegen Anordnungen auflehnt. Eine heftige Beschwerde kann einen da schon mal aus der Ruhe bringen. Doch nur wer den Unmut der Patienten nicht als Krise, sondern als Chance sieht, hat auch die Möglichkeit, die Abläufe in der Praxis zu verbessern. „Oft kommen Patienten mit einem ganzen Bündel an Befindlichkeiten zum Termin, die uns auf den ersten Blick verschlossen bleiben“, erklärt Andrea Lenes weiter. Sie haben mitunter Schmerzen oder Angst, sind geprägt von schlechten Erfahrungen, sehen sich selbst als Notfall oder besonderer Patient, hegen generelles Misstrauen gegen Ärzte, sind aggressiv, haben eine schwierige Persönlichkeit oder einfach auch nur einen schlechten Tag. „Wer dies im Hinterkopf behält, schafft es vielleicht leichter, solchen Patienten ruhiger und mit mehr Verständnis und Entgegenkommen zu begegnen“, weiß sie. „Wer nicht gleich auf Konfrontationskurs geht – auch wenn man es gerne würde –, hat mehr Erfolg, die Situation und damit auch den Ablauf des Praxisalltags positiv zu beeinflussen.“
Positive Effekte kann man durch folgende Maßnahmen des aktiven Zuhörens erzielen:
- Offenheit
- Wertfreies Akzeptieren
- Analysieren von Gründen
- Entgegenkommen, Verständnis (Empathie)
- Ruhe, Sachlichkeit und Kompetenz
- Geduld, den Patienten ausreden zu lassen
Zugegeben, Verständnis zu zeigen und Gelassenheit zu bewahren, bedarf eines gewissen Trainings. Vor allem gelassen und verständnisvoll zu bleiben, ohne gleichzeitig unbedingt zuzustimmen und sich zu entschuldigen, ist schwierig. Oft hilft es in einem Konflikt, den Patienten zu fragen, wie es nun weitergehen soll. Dazu lassen sich lösungsorientierte W-Fragen nutzen:
- „Was erwarten Sie von mir?“
- „Wie kann ich Ihnen jetzt helfen?“
- „Wie wollen wir weiter vorgehen?“
- „Was kann ich für Sie tun?“
- „Wie lösen wir denn jetzt das Problem?“
„Wenn eine Kollegin gar nicht weiterkommt, kann es auch helfen, einen kurzen Personalwechsel vorzunehmen und eine andere Kollegin übernehmen zu lassen“, sagt Andrea Lenes. „Generell kann man sich selbst leichter ändern als andere. Wer also an seinem Verhalten arbeitet, hat gute Aussichten auf Erfolg – auch mit schwierigen Patienten.“ Generell dürfen MFA/ZFA nicht vergessen, dass sie eine zentrale Rolle dabei spielen, Patienten zu gewinnen und an die Arztpraxis zu binden. Denn MFA sind meist die ersten Kontaktpersonen, sowohl am Telefon als auch an der Anmeldung der Arztpraxis. Sie sind das Aushängeschild der Praxis. Ein offener Blick, ein verbindliches Lächeln und die namentliche Vorstellung beim Patienten (auch Namensschilder helfen!) senden die Signale: Ich bin für dich da, ich bin dein Ansprechpartner, ich fühle mich für dich verantwortlich! Wer diese Signale empfängt, fühlt sich angenommen und kommt dann auch sicher wieder.
Die MFA-Ausbildung verbindet das medizinische Umfeld mit der Versorgung und Betreuung von Patientinnen und Patienten. Das Aufgabengebiet von Medizinischen Fachangestellten hat sich im Laufe der Jahre stark verändert und ist komplexer und anspruchsvoller geworden. Wie sich die Kommunikation mit schwierigen Gesprächspartnern optimieren und eine deeskalierende Gesprächsführung einrichten lässt, erzählt Andrea Lenes im Video.