EDRS-Tagung 2022 in Philadelphia

Vom 15. bis 17. September 2022 fand in Philadelphia die Tagung der Eating Disorder Research Society (EDRS) statt, bei der sich viele internationale Forschende zusammenfinden. Im Rahmen dieser Tagung gab es eine Plenardiskussion zu Fortschritten der Therapie der jugendlichen Anorexia nervosa. An dieser Plenardiskussion nahmen vier Vertreter aus vier verschiedenen Ländern teil.

Die erste Vortragende war Phillippa Hay aus Australien in Vertretung für Sloan Madden, die die Behandlungsleitlinie und die Ergebnisse zum Heilungserfolg einer FBT-Behandlung (Family Based Treatment) darstellte. Sie zeigte auch auf, dass es in jüngster Zeit viele Modifikationen der FBT gibt, bei denen auch eine getrennte Eltern-Patient-Therapie stattfinden kann. Des Weiteren gibt es insbesondere für ältere Jugendliche und junge Erwachsene zunehmend mehr Möglichkeiten, Einzelgespräche in die FBT-Therapie zu integrieren. Die fehlenden Einzelgespräche wurden von vielen Zuhörern als Manko der FBT-Therapie angesehen, da doch viele Adoleszente 4-Augen-Gespräche mit den Therapeuten wünschen und nicht ausschließlich Gespräche, an denen auch die Eltern teilnehmen.

Im zweiten Vortrag von Sasha Gorrell aus Stanford aus der Gruppe von Daniel le Grange wurden Moderatoren und Mediatoren der FBT dargestellt. Es wurde herausgestellt, dass FBT häufig nur einer privilegierten Gruppe von Patienten zur Verfügung steht, die in der Lage sind, regelmäßig auch weiter entfernte therapeutische Termine aufzusuchen. Julien Baudinet aus der Gruppe von Ivan Eisler in England zeigte die Vorteile der Multi-Familien-Therapie auf. Thema aller drei Vorträge war darüber hinaus, FBT viel mehr Betroffenen zur Verfügung zu stellen, da z.B. Patienten, die weiter von einem Essstörungstherapiezentrum entfernt wohnen, kaum die Möglichkeit haben, eine essstörungsspezifische Therapie zu erhalten. Ein sogenanntes Community Based Treatment befindet sich in der Le Grange-Gruppe in der Entwicklung.

Univ.-Prof. Dr. med. Beate Herpertz-Dahlmann, Direktorin der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der Uniklinik RWTH Aachen, stellte im Rahmen der Plenardiskussion das Home Treatment vor, das großes Interesse fand. Allerdings sahen viele der amerikanischen Zuhörer ein Kostenproblem. Einigkeit wurde darüber erzielt, dass die Therapie der adoleszenten Anorexia nervosa Neuerungen und Fortschritte braucht und wohnortnäher oder am Wohnort selbst zur Verfügung gestellt werden sollte. Die von vielen geäußerte Hypothese war, dass wahrscheinlich zusätzlich zur Psychotherapie auch biologische Therapien für einen durchgreifenden Heilungserfolg erforderlich sein werden. Insgesamt war die Plenardiskussion sehr gut besucht, und es gab eine lebhafte Diskussion, die die Aufbruchsstimmung bei der Behandlung der jugendlichen Anorexia nervosa gut widerspiegelte.

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