In Anbetracht der Alterung der Bevölkerung gewinnt die Geriatrie, die sogenannte Altersmedizin, immer mehr an Bedeutung. Dabei tun sich vielfältige Fragestellungen rund um die Altersgesundheit auf, die die geriatrische Forschung zu beantworten sucht. Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) lobt in diesem Bereich den Preis zur Förderung der interdisziplinären Altersforschung aus. In diesem Jahr geht der mit 2.000 Euro dotierte Preis an zwei Mediziner aus der Uniklinik RWTH Aachen. Sie haben sich unter insgesamt 26 Bewerbern durchgesetzt.
Den DGG-Preis für Interdisziplinäre Altersforschung 2019 erhalten Priv.-Doz. Dr. med. Cornelius Werner, Leiter der Sektion Interdisziplinäre Geriatrie in der Klinik für Neurologie, und Priv.-Doz. Dr. med. Gerald Braun, Geschäftsführender Oberarzt der Klinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, rheumatologische und immunologische Erkrankungen (Medizinische Klinik II). Sie werden für ihren wissenschaftlichen Beitrag „Anstieg des geriatrischen Patientenanteils zwischen 2008-2018 in konservativen und operativen Fächern der stationären Universitätsmedizin – Implikationen für Kosten- und Versorgungsstrukturen“ ausgezeichnet. Die Arbeit entstand in Kooperation mit weiteren Fachbereichen der Medizinischen Fakultät und deren Direktoren.
„Den Preis zur Förderung der interdisziplinären Altersforschung verleihen wir für Projekte, die sich fachübergreifend mit der Erforschung der Probleme und Herausforderungen in der Altersmedizin befassen, dabei aber auch Versorgungs- und gesellschaftliche Veränderungen nicht außer Acht lassen“, sagt Prof. Gerald Kolb, Vorsitzender des Preiskomitees der DGG. Diesen Themen haben sich die beiden Mediziner der Uniklinik RWTH Aachen angenommen – und kamen zu zukunftsweisenden Ergebnissen.
Veränderung der Patientenstruktur: Prävalenz geriatrischer Patienten
In dem Projekt befasste sich das Team um Dr. Werner und Dr. Braun mit der Fragestellung, wie der demografische Wandel die Patientenstruktur aller medizinischen Fachbereiche verändert. Konkret stellten sie fest, dass für die Prävalenz geriatrischer Patienten, also deren Anzahl im Vergleich zu anderen Patientengruppen, in der stationären Behandlung überwiegend keine belastbaren Daten vorliegen. Diese sind jedoch wesentlich für eine bedarfsgerechte Ablaufsteuerung und Ressourcenverteilung in den Kliniken. Um valides Material zu erhalten, untersuchte das Team die jahresbezogene Prävalenz geriatrischer Patienten samt medizinischer und ökonomischer Faktoren an der Uniklinik RWTH Aachen. Erfasst wurden alle Entlassungen der Jahre 2008 bis 2018 aus den Kliniken für Innere Medizin (alle Fachbereiche), Neurologie, Unfallchirurgie und Herz-Thorax-Chirurgie mit unterschiedlichen Variablen.
Mehr geriatrische Patienten: Anpassung der Versorgungsstruktur notwendig
„Die Auswertung ergab, dass der Anteil geriatrischer Patienten von 11,7 Prozent im Jahr 2008 auf 19,2 Prozent im Jahr 2018 anstieg. Das heißt, der Anteil geriatrischer Patienten hat sich im Beobachtungszeitraum annähernd verdoppelt“, berichten die beiden Mediziner. „Wir beobachteten zudem einen teils überproportionalen Anstieg an assoziierten Komplikationen und Kosten. Dieser Mehraufwand – finanziell und personell – ist in unserem Versorgungssystem bisher keinesfalls abgebildet.“ Die Studie zeige deutlich, dass auch nicht-geriatrische Kliniken zukünftig Antworten für eine adäquate Versorgung geriatrischer Patienten finden müssten.