Aktuellen Daten der Gesetzlichen Krankenkassen zufolge stehen psychische Erkrankungen, wie Depression und Schizophrenie, an erster Stelle der wichtigsten Krankheiten bezogen auf die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. In Deutschland entwickelt etwa jeder zweite bis dritte Erwachsene im Laufe seines Lebens eine psychische Erkrankung. Fast die Hälfte der Diagnosen entfallen dabei auf affektive Störungen, also Veränderungen der Stimmung wie zum Beispiel unangemessene oder langanhaltende negative Emotionen, Interessenlosigkeit und fehlender Antrieb oder emotionale Instabilität. Diese affektiven Störungen haben eine hohe klinische Relevanz, da sie in der Regel die gesamte Lebensführung und -qualität des Betroffenen beeinträchtigen.
Hohe persönliche, soziale und ökonomische Kosten bei der Diagnostik und Therapie affektiver Störungen führen dementsprechend zu der Notwendigkeit, innovative Diagnostik- und Behandlungsansätze zu erforschen und in die Versorgung zu integrieren. Diesem Konsens entsprechend gewährten die Europäische Union und das Land NRW jetzt dem Antrag zum Projekt „AffectiveMind – Automatische Erfassung auditiver, visueller und physiologischer Parameter zur Diagnostik affektiver Störungen“ eine dreijährige Förderung im Rahmen der zweiten Einreichungsrunde der „LifeSciences.NRW“ Förderinitiative.
Das Verbundprojekt involviert zwei weitere Konsortialpartner, die Aachener Firma CanControls und das Institut für Experimentelle Psychophysiologie in Düsseldorf, und beinhaltet eine enge Kooperation mit dem Lehrstuhl für Medizinische Informationstechnik am Helmholtz-Institut für Biomedizinische Technik der RWTH Aachen. Seit November 2019 wird das Projekt in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik durchgeführt. In diesem interdisziplinären Verbund arbeiten Psychologen, Psychiater, weitere Neurowissenschaftler und Ingenieure gemeinsam an der automatischen Erfassung auditiver, visueller und physiologischer Parameter zur Diagnostik affektiver Störungen. Hierbei stehen die zwei häufigen psychiatrischen Krankheitsbilder, die Depression und die Schizophrenie, im Vordergrund. Ziel des Verbundprojekts ist die Entwicklung von zuverlässigen und validen Biomarkern, um so ein neues, auf biologischen Daten basiertes diagnostisches Verfahren für Störungen des Affekts aufzubauen sowie mögliche Prädiktoren eines Therapieansprechens zu identifizieren. Anhand komplexer maschineller Lernverfahren werden Veränderungen in Mimik, Kopfbewegung, Stimme und physiologischen Parametern mit klinischen Informationen verbunden. So sollen betroffene Patienten individueller und effizienter diagnostiziert und behandelt werden. Das langfristige medizinische und wirtschaftliche Potenzial des Projekts ergibt sich durch Kooperationen mit Leistungsträgern aus dem Gesundheitswesen (z. B. AOK) und der perspektivischen Aufnahme in deren Leistungskataloge.
Das „AffectiveMind“ Verbundprojekt wird bis November 2022 aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert. Die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik übernimmt die Leitung des Konsortiums. Verantwortlich für die Projektleitung ist Prof. Ute Habel und für die wissenschaftliche Koordination Dr. Benjamin Clemens. Für alle weiteren Informationen zum Projekt verweisen wir Sie gerne auf unsere Homepage: www.affective-mind.com