Die Phantompatienten sitzen stumm in Reih und Glied auf ihren Behandlungsstühlen und sperren brav die Münder auf. Hier – im AIXTRA Dental an der Uniklinik RWTH Aachen – gibt es niemanden, der meckert, „Aua“ schreit oder aus Angst vor dem Zahnarzt gar gänzlich die Mitarbeit verweigert. Gut so – denn an den 40 körperlosen Gesellen und ihren Zähnen üben die Studierenden der Zahnmedizin jedes Semester ihre ersten Handgriffe.
Angeleitet werden die Studierenden ab dem dritten Semester von Kursleiter Dr. med. dent. Rolf Sittardt und seinem Team aus Zahnärztinnen, Zahnärzten sowie Zahntechnikerinnen und Zahntechnikern. Sie zeigen in drei vorklinischen Kursen wie man Zähne präpariert, wie man bohrt und schleift, Abdrücke (sogenannte Abformungen) nimmt oder Provisorien und Zahnersatz (Prothesen, Kronen und Brücken) fertigt. Kurz – sie geben den angehenden Zahnärzten ihr grundsätzliches Handwerkszeug mit. Für die Studierenden ist die ungewöhnliche und hochmoderne Lernumgebung nichts Außergewöhnliches mehr – auch wenn hier die Arbeit besonderen Spaß macht. Das Simulationslernen an Puppen und Modellen gehört heute zur modernen Artzausbildung selbstverständlich dazu. Seit zehn Jahren gibt es das Übungslabor für das zahnmedizinische Simulationstraining. Davor wurde weniger innovativ an Stockpuppen geübt. Für Dr. Sittardt, der seit 2004 in der Lehre arbeitet, sind es allerdings mehr die Studierenden, die seinen Job so interessant und abwechslungsreich machen. „Jeder Kurs ist anders, das macht große Freude“, sagt der 58-jährige Zahnarzt und Zahntechniker. „Das Wichtigste ist mir in der Studierendenausbildung, dass am Ende eines Kurses sowohl für die Studierenden als auch für mich das Gefühl bleibt, dass ich jeden gleich gerecht bewertet habe, auch wenn der eine oder andere das Kursziel nicht erreicht hat.“
Der Blick über den Tellerrand
An Bildschirmen können die Studierenden verfolgen, wie die Kursleiter essentielle Arbeitsschritte demonstrieren. Dr. Sittardt weiß, worauf es ankommt; schließlich war er lange als Zahnarzt selbstständig. Doch nicht nur die zahnärztlichen Handgriffe und Techniken sind wichtig. „Die Studierenden lernen auch, was für Arbeitsschritte bei der Anfertigung der zahntechnischen Arbeiten nötig sind“, erklärt er. „Nur, wenn sie einen Blick über den Tellerrand in den Beruf des Zahntechnikers gewinnen, können sie später die erforderlichen Vorarbeiten leisten und dann das Ergebnis kontrollieren und bewerten.“ Wenn die Kurse laufen (sie dauern zwischen vier und zwölf Wochen) sind Dr. Sittardt, sein Team und seine Studierenden jeden Tag von 8 bis 17 Uhr im AIXTRA Dental. Eine intensive Zeit, in der Dr. Sittardt seinen zweiten Arbeitsbereich als Qualitätsbeauftragter der Klinik für Zahnärztliche Prothetik, Implantologie und Biomaterialien hintenanstellen muss. Seit Jahren sind rund 60 Studierende pro Kurs dabei. Angst vor einem Zahnarztmangel muss daher niemand haben. Dank Dr. Sittardt und seinen Kolleginnen und Kollegen ist für gut ausgebildeten Nachwuchs stets gesorgt.